Die globale Erwärmung ist ein in Politik und Wissenschaft viel diskutiertes Umweltproblem. Innerhalb des letzten Jahrhunderts hat sich die Oberflächentemperatur der Erde um 0,6 ʼ 0,2°C erhöht, wobei die stärkste Erwärmung zwischen 30° und 70° Nord, also in unseren Breiten, stattgefunden hat. Für das gerade begonnene Jahrhundert ist global mit einem weiteren Temperaturanstieg von 1,4 bis zu 5,8°C zu rechnen. Insbesondere der Alpenraum ist von der globalen Klimaänderung betroffen. Im Nordalpenraum hat sich die Temperatur während der letzten zwei Jahrzehnte im Mittel um ca. 1,5°C erhöht. Damit verbunden verlängerte sich die Vegetationsperiode um mehr als drei Wochen, während die Dauer der Schneebedeckung um den gleichen Betrag abnahm. Bis zum Jahr 2030 wird für den süddeutschen Raum eine weitere Temperaturzunahme um 2,5°C vorausgesagt, wobei die Temperaturerhöhung im Bereich der Alpen voraussichtlich noch deutlicher ausfällt. Da der Stoffhaushalt und die Artenzusammensetzung von Pflanzenbeständen in den Hochlagen der Alpen (alpine/nivale Stufe) direkt oder indirekt durch niedrige Temperaturen begrenzt werden, sind insbesondere dort Veränderungen durch die globale Erwärmung zu erwarten. In der vorliegenden Arbeit wurden die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Vegetation alpiner Kalk-Magerrasen untersucht. Die Arbeit konzentriert sich dabei auf Bestände des Horst- und des Polsterseggenrasens, da diese zwei Gesellschaften die flächenmäßig bedeutendsten Vegetationseinheiten der alpinen Kalk-Magerrasen darstellen. Alle Untersuchungen wurden in der unteren bzw. mittleren alpinen Stufe des Nationalparks Berchtesgaden (SO-Deutschland; Nördliche Kalkalpen) durchgeführt. Um erwärmungsbedingte Vegetationsveränderungen zu untersuchen, wurden zwei sich ergänzende methodische Vorgehensweisen (Wiederholungsaufnahmen auf Quasi-Dauerflächen: Kap. 2 bzw. Enrwärmungsexperimente: Kap. 3) angewandt und miteinander verknüpft (Kap. 4). Ziel war es, durch die Kombination die methoschen Ansätze abzumildern und somit die Aussagekraft der Ergebnisse insgesamt zu verbessern. So kann im Rahmen von Wiederholungserhebungen zwar eine Beziehung zwischen Temperaturerhöhung und mittelfristigen Vegetationsveränderungen hergestellt aber letztlich nicht bewiesen werden. Durch Erwärmungsexperimente können kurzfristige Effekte einer Temperaturerhöhung auf die Vegetation tatsächlich nachgewiesen werden; da die Untersuchungen aber sowohl räumlich als auch zeitlich begrenzt sind, ist eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf eine längere Zeitspanne bzw. auf ein größeres Gebiet schwierig. Findet man allerdings in beiden Ansätzen gleichsinnige Effekte, so ist das ein starker Beleg für die Hypothese, dass Klimaerwärmung an den mittelfristigen Vegetationsänderungen ursächlich beteiligt ist. Umgekehrt belegt die Gleichsinnigkeit die Relevanz der kurzfristigen Beobachtung für ein größeres, längerfristiges Muster.