Mit BioPop liegt zum ersten Mal eine Online-Anwendung vor, die funktionelle Merkmale von Pflanzenarten und darauf basierende Vorhersagen der Vegetationsentwicklung unter Pflege- oder Renaturierungsmaßnahmen Nutzern aus Planung und Naturschutz schnell und einfach zugänglich macht. Die Analyse funktioneller Merkmale von Pflanzenarten, wie beispielsweise Wuchsform, Dauerhaftigkeit der Samenbank im Boden oder Möglichkeiten der Fernausbreitung, erlaubt die Vorhersage ihrer Reaktion auf Umweltveränderungen. Solche Prognosen sind ein wichtiges Werkzeug im Rahmen der Gefährdungseinschätzung, der Planung von Pflegemaßnahmen, von Renaturierungsmaßnahmen und von Artenschutzmaßnahmen. Bisher lagen Daten zu funktionellen Merkmalen jedoch noch nicht in einer Form vor, in der sie direkt von Landschaftspflege und Naturschutz genutzt werden konnten. BioPop besteht aus einer Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora Deutschlands und einem darauf basierenden Beratungssystem für Landschaftspflege und Artenschutz (letzteres nur als Prototyp). Die gesamte Anwendung steht frei im Internet (www.floraweb.de/proxy/biopop) zur Verfügung. Dieser Band stellt das Handbuch zu der Datenbank und dem Beratungssystem BioPop dar. Im ersten Teil des Bandes (Kapitel 2-4) werden die Hintergründe und Grundlagen des Projektes erläutert. Hintergrund der Initiierung des Projektes war die Erkenntnis, dass Biotopschutz und nachhaltige Flächennutzung zwar eine unabdingbare Voraussetzung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in Deutschland sind, aber nicht ausreichen: Um die Biodiversität zu erhalten, sind auch spezielle Artenhilfsmaßnahmen notwendig. Diese wiederum erfordern eine detaillierte Kenntnis der funktionellen Merkmale gefährdeter Arten. Umgekehrt stellen funktionelle Merkmale von Pflanzenarten ein bedeutendes Kriterium für die Einschätzung der Gefährdung einer Pflanzenart dar (Kap. 2). In Kapitel 3 sind Informationen über das zugrunde liegende F+E Vorhaben sowie ein Überblick über die Projektergebnisse zu finden: BioPop besteht aus einer Datenbank biologisch-ökologischer Pflanzenmerkmale und einem darauf basierenden Beratungssystem, einem Expertensystem, das auf der Grundlage von Pflanzenmerkmalen Aussagen zu Überlebens- bzw. GefährdungsPotenzialen von Pflanzenarten und ihre voraussichtliche Reaktion auf Umweltveränderungen trifft. Die Konzeption des Beratungssystems erfolgte in Zusammenarbeit mit „Praktikern" aus Landschaftsplanung, Artenschutz und Renaturierung. BioPop ist Teil einer internationalen Anstrengung zum Aufbau von Datenbanken funktioneller Pflanzenmerkmale. In Deutschland sind etliche Merkmale der einheimischen Pflanzenarten bereits über das Floraweb-Portal des BfN abrufbar (www.floraweb.de). Eine enge Zusammenarbeit besteht zwischen BioPop, der am UFZ Leipzig entstandenen Datenbank BIOLFLOR sowie dem EU-Projekt LEDA („Life history traits of the Northwest European Flora: A database"). Kapitel 4 schließlich umfasst die wissenschaftlichen Grundlagen: Die Konzepte „funktionelle Merkmale" und „funktionelle Pflanzentypen" werden definiert und die bisherige Anwendung funktioneller Pflanzenmerkmale für verschiedene Fragestellungen in der wissenschaftlichen Literatur, beispielsweise im Zusammenhang mit Veränderungen der Landnutzung oder mit dem Klimawandel dargestellt. Der zweite Teil des Handbuches (Kapitel 5-6) stellt eine detaillierte Beschreibung der Datenbank BioPop dar. Kapitel 5 erläutert Struktur und Inhalte, in Kapitel 6 sind die mehr als 50 in BioPop enthaltenen Merkmale mit Informationen zu funktioneller Bedeutung, Klassifikation und Qualität der enthaltenen Daten aufgelistet. Der dritte Teil (Kapitel 7-8) umfasst eine Einführung in den Gebrauch der Benutzeroberfläche (Kapitel 7) sowie die Erläuterung der dem Beratungssystem zugrunde liegenden Entscheidungsbäume (Kapitel 8). Die Benutzeroberfläche leitet im Allgemeinen zunächst zu stark aggregierten Daten hin, um Nutzem aus dem praktischen Naturschutz schnell und einfach zusammenfassende Daten zur Verfügung zu stellen. Weniger stark aggregierte Daten oder auch die Originaldaten können jedoch ebenso abgefragt werden. Im Prototyp von BioPop sind bisher vier Entscheidungsbäume implementiert, die Antworten auf Fragen nach der Dauerhaftigkeit der Samenbank einer Art im Boden, nach dem Fernausbreitungspotenzial einer Art, nach der voraussichtlichen Reaktion einer Art auf Beweidung und nach der voraussichtlichen Reaktion einer Art auf Brachfallen geben. Diese Entscheidungsbäume werden dargestellt und erläutert. Im vierten Teil (Kapitel 9) schließlich werden sechs konkrete Anwendungsbeispiele zu den Themen Ermittlung biologischer Risikofaktoren, Auswahl geeigneter Pflegemaßnahmen, Vorhersage des wahrscheinlichen Renaturierungserfolges sowie Anwendung funktioneller Merkmale bei der Erstellung eines Pflege- und Entwicklungsplanes anhand von Fallbeispielen dargestellt. Wir hoffen, dass BioPop zahlreiche Nutzer aus der Praxis finden und als Entscheidungs- und Argumentationshilfe zu einem verbesserten Schutz der einheimischen Pflanzenarten beitragen wird. Der Prototyp der Benutzeroberfläche im Internet stellt ein Zwischenergebnis von BioPop dar. Die Autoren würden sich daher über Kommentare, Kritik und Verbesserungsvorschläge freuen, die in eine Weiterentwicklung einfließen können (an: peter.poschlod@biologie.uni-regensburg.de).
182.53 (Beeinflussung der Vegetation als Versuchsmethode) 181.6 (Lebensform, Wuchsform. Entwicklung und Form nach dem Sämlingsalter [für Zuwachs siehe 56]) 181.1 (Natürliche Verbreitung) 907.1 (Natur- und Landschaftsschutz)