Standardsignatur
Titel
Der Einfluss des Menschen auf die Erosion im Bergland : Dargestellt an Beispielen im bayerischen Alpengebiet : Beitrag zur hydrologischen Dekade der UNESCO
Verfasser
Auflage
Unveränderter Nachdruck der Auflage 1969
Erscheinungsort
München
Verlag
Erscheinungsjahr
1972
Seiten
98 S.
Illustrationen
31 Abb., 17 Karten, zahlr. Lit. Ang.
Material
Bandaufführung
Datensatznummer
131810
Quelle
Abstract
Jeder Erosionsvorgang in einer Kulturlandschaft hat eine natürliche und eine anthropogene Komponente. Ziel dieser Arbeit war es, einige Möglichkeiten zur Bestimmung des Umfanges und des Verhältnisses beider Komponenten zueinander aufzuzeigen. Dabei ergaben sich in 2 Untersuchungsgebieten des bayerischen Alpenraumes (UG1: Halblechgebiet/Lkr. Füssen, UG2: Hörnergruppe/Lkr. Sonthofen) folgende empirische Ergebnisse: Die erosionsaktive Fläche (ohne Blattanbrüche) hat sich in den vergangenen 150 Jahren auf das 3- bis 4-fache vergrößert (vgl. Karte 4 und 14). Da keine naturgegebenen Ursachen (Klima, Geomorplogie, Geologie) zur Erklärung dieses sprunghaften Anstiegs von Erosionsschäden gefunden werden konnten, muss der Grund hierfür im menschlichen Einflussbereich gesucht werden. Als menschlicher Einflussbereich kommen verschiedene Wirtschaftsformen in Frage. Im bayerischen Alpengebiet sind dies die Land- bzw. die Almwirtschaft, die Forst- und Jagdwirtschaft, die Wasserwirtschaft und der Fremdenverkehr. Die Land- bzw. Almwirtschaft wirkt sich vor allem in den Waldweidegebieten äußerst ungünstig auf den Wasserhaushalt aus. Sickerversuche ergaben eine um das 276- bis 1080fach längere Versickerungszeit auf beweideten gegenüber unbeweideten Waldböden. Bei den im Bergland häufig auftretenden Starkregen erhöht sich somit der erosionsfördernde Oberflächenabfluss auf einer Waldweidefläche von rd. 100 000 ha (d.s. rd. 20% des bayerischen Alpengebietes) beträchtlich. Hinzu kommen die negativen Auswirkungen von Viehtritt und -verbiss auf die künstliche und natürlcihe Verjüngung des Bergwaldes. Hingegen konnte eine direkte Mehrung der Erosionsfläche durch Viehtritt - von geringfügigen Ausnahmen abgesehen - nicht festgestellt werden. Die Forstwirtschaft hat nicht unwesentlich zur Störung des Wasserhaushalt im bayerischen Alpengebiet beigetragen. Der Wald als wichtigstes Regulativ von Abflussvorgängen im Bergland hat sowohl quantitativ als auch qualitativ an Substanz erheblich eingebüßt. Gegenüber einer vom Menschen unbeeinflussten Vegetation hat Ug1 30%, UG2 rd. 60% seines Waldkleides verloren (vgl. Karte 10 und 15). Für die verbliebenen Waldflächen errechnet sich ein durchschnittlicher Bestockungsgrad von 0,6-0,8. Bei UG2 (potentielle Waldfläche ca. 95%) beläuft sich die wasserwirtschaftlich wirksame Waldfläche nur noch auf 20% der UG-Fläche. Pollenanalysen ergaben ferner ein Ansteigen des Fichtenanteils zwischen 1800 und 1950 von 25% (UG1) bzw. 53% (UG2) auf 77% (UG1) bzw. 80% (UG2). Im gleichen Zeitraum fiel der Tannenanteil von 30 bzw. 35% auf 7 bzw. 3%. Für UG1 zeigen die Karten 7 bis 10 die Entwicklung von der natürlichen Wald- und Holzartenverteilung bis zum heutigen Zustand; für UG2 ergibt sich diese Entwicklung aus dem Vergleich der Karten 16 und 15. Die Jagdwirtschaft trägt heute die Hauptverantwortung für den in weiten Teilen des bayerischen Alpengebietes als mangelhaft anzusprechenden Zustand des Bergwaldes. So war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts UG2 rotwildleer. Seit etwa 1880 stehen dort jedoch mindestens 5 Stück Rotwild je 100 ha Revierfläche, das entspricht bei einem Bewaldungsprozentsatz von 25 einem Besatz von 20 Stück ja 100 ha Wald als Einstandsfläche. Damit ist eine artenreiche Verjüngung des Bergwaldes nicht mehr möglich. Auf den Wasserhaushalt udn damit auf die Erosionsgefährdung wirkt sich dies insofern sehr negativ aus, als die seit rund einem Jahrhundert weitgehend ausgebliebene Naturverjüngung - insbesondere in den Nichtwirtschaftswaldungen der Hochlagen - zur Vergreisung geführt hat. Seitens der Wasserwirtschaft wurde bereits Ende des vorigen Jahrhunderts mit der Verbauung von Wildbächen begonnen. Seither hat sich der menschliche Siedlungs- und Wirtschaftsraum jedoch noch weit stärker in den unmittelbaren Gefahrenbereich von Hochwasser, Muren und Lawinen ausgedehtn. Selbst wenn die Ursachen jener Gefahren sich bisher konstant verhalten hätten, müssten heute erhebliche Summen zum Schutze von Wohnungs-, Arbeits- und Erholungsstätten sowie der vielfältigen Kommunikationswege aufgebracht werden. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass durch wirtschaftliche Eingriffe die Verhältnisse in den Niederschlagsgebieten vieler Wildbäche in Richtung einer Erhöhung des Oberflächenabflusses verändert wurden. Die Bayerische Staatsbauverwaltung ist bestrebt, neben technischen Verbauungen vor allem durch flächenhaft wirksame Maßnahmen (Aufforstungen, Grünverbauungen) eine dauerhaft günstige Gestaltung des Wasserhaushalts zu erreichen. Auf die in beiden Untersuchungsgebieten durchgeführten und noch durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen wurde hingewiesen (vgl. Karte 11 und 17). Im Verlauf unserer Untersuchungen stellte sich heraus, dass dabei die genaue Kenntnis der geomorphologischen Gegebenheiten, vor allem der Glazialmorphologie, ausschlaggebend für den Erfolg eines Projektes sein kann.