Seit 1993 fördert der Nationalpark Berchtesgaden die Erforschung der Quellen. Dieser Bericht präsentiert den status quo. Darauf aufbauend können Veränderungen im Laufe der kommenden Jahrzehnte dokumentiert werden. Quellen sind von kurzfristigen Einflüssen weitgehend unabhängig und spiegeln deshalb besonders deutlich langfristige Entwicklungen wider (Kap. 1 und 2). In diesen empfindlichen Lebensräumen begegnen sich Untergrund und Oberfläche, Wasser und Land auf engstem Raum. Sie sind deshalb für die langfristige Umweltbeobachtung besonders geeignet. Eine Vielzahl physikalisch-chemischer und mikrobiologischer Parameter wurden regelmäßig in ausgewählten Quellen aus allen Gesteinsformationen untersucht und verglichen (Kap. 3). Insgesamt 99 Quellen wurden nach einem einheitlichen Schema geomorphologisch typisiert (Kap. 4). Drei größere Quellkomplexe wurden für eine ökologische Langzeitbeobachtung ausgewählt, botanisch kartiert (Kap. 5) und genauer beschrieben (Kap. 8). Die Fauna von weiteren 64 Quellen wurde nach einem einheitlichen Schema erfasst. Nach gegenwärtigem Stand sind 735 Taxa nachgewiesen, darunter mindestens acht für die Wissenschaft neue und 22 weitere erstmals in Deutschland gefundene Arten. Alle untersuchten Tiergruppen werden hinsichtlich ihrer allgemeinen Charakteristika und ihrer möglichen Beziehung zu Quellen vorgestellt. Für die auftretenden Arten finden sich außerdem Angaben zur bekannten Verbreitung (im Gebiet und global) und zu ihren ökologischen Ansprüchen (Kap. 6). Ein Bestimmungsschlüssel für die aus dem Gebiet bekannten Wassermilbenlarven wurde ausgearbeitet. Anhand einer statistischen Analyse von 44 Untersuchungsstellen wurde eine faunistische Typologie der Berchtesgadener Quellen ausgearbeitet (Kap. 7). Sie lassen sich überwiegend einem Kontinuum zwischen den Extremtypen Rheokrene (stark strömender Abfluss auf mineralischem Hartsubstrat) und Helokrene (schwach rinnender Abfluss auf organischem Weichsubstrat) zuordnen. Einzelne Zeigerarten können bestimmte Quelltypen charakterisieren. Die Daten aus den Langzeituntersuchungsstellen werden für die Hauptkomponenten der Fauna analysiert, für ausgewählte Tiergruppen auch auf Artniveau (Kap. 8). Sie zeigen eine geringe Saisonalität in der Zusammensetzung des Meiobenthos, aber eine starke jahreszeitliche Einnischung emergierender Insekten. Das Zoobenthos ist sowohl hinsichtlich der Dominanzstruktur als auch hinsichtlich der charakteristischen Zonierung zwischen Quellmund und Quellbach stabil. Waldquellen sind nach Windbruch im Umfeld stärkerer Besonnung ausgesetzt. Trotzdem werden hier im Zoobenthos nur leichte Anzeichen einer "Helokrenisierung" beobachtet. Hingegen ändert sich die Insektenemergenz stark- ein Phänomen, das derzeit mit verfeinerten Methoden weiter untersucht wird. Zufünftige methodische Aspekte werden auf dieser Grundlage diskutiert (Kap. 9). Bei einer Beschränkung der Probenahme auf wenige Tiergruppen sind Köcherfliegen und Wassermilben besonders für eine vorläufige ökologische Charakterisierung ihrer Lebensräume geeignet. Beide Gruppen treten regelmässig auf, schliessen einen hohen Anteil quelltypischer Arten ein und erfordern einen vergleichsweise geringen Zeitaufwand bei der Bestimmungsarbeit. Die umfassende Dokumentation der Quellfauna ist aber als Basisarbeit für diese Vorgehensweise unabdingbar notwendig, auch unter Verwendung von Emergenzfallen. Unter den emergierenden Insekten sind die Zuckmücken in den Berchtesgadener Nationalparkquellen die hinsichtlich Artenvielfalt und ökologischer Differenzierung wichtigste Gruppe. Bisher konnten keine Veränderungen dokumentiert werden, die auf den Klimawandel zurückgeführt werden können. Wir sind auf der Basis der letzten zwölf Jahre aber gerüstet, um zu erwartende Auswirkungen zu dokumentieren, wenn die vom International Panel on Climatic Change (IPCC) prognostizierten Temperaturänderungen eintreten.