Forstpolitische Entscheidungsträger des Bundes und der Länder betrachteten einen Großteil der Kompetenzverteilung unter der Annahme stabiler politischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen als "historisch überkommen" und sich aus der Verfassungslage des deutschen Grundgesetzes ergeben. Der europäische Integrationsprozess war bzw. ist jedoch ein evolutorischer Vorgang, der einen Wandel der Art und Organisaton der öffentlichen Aufgabenerfüllung und folglich der Strukturveränderungen im Beziehungsgefüge des Mehrebenensystems der EU und ihrer Mitgliedstaaten erfordert. Zur Aufrechterhaltung einer stabilen föderalen Balance ist es daher elementar, institutionelle Rahmenbedingungen auch auf der nationalstaatlichen Ebene zu schaffen, die eine beständige dynamische Kritik der Kompetenzverteilung ermöglichen, aber zugleich eine politische Präponderanz aufgrund des Eigeninteresses der zentralen Ebene verhindert. Ergeben sich unter solchen politischen Voraussetzungen zusätzliche forstpolitische Aufgabenbereiche im Sinne eines optimalen Zentralisierungsgrades für die Ebene der EU, so ist eine in der Folge stattfindende Korrektur der Kompetenzverteilung positiv zu bewerten. Dann sollte auf dieser Ebene auch entschieden werden, und zwar von Organen, die möglichst unabhängig von den dezentralen Trägern der Politik sind. Da derzeit die nationalstaatlichen Partikularinteressen die Politik der EU-Ebene dominieren, ist jedoch eher eine Entflechtung der Entscheidungsstrukturen geboten. Dies gilt insbesondere für die Mischfinanzierungssysteme auch der forstlichen Förderung. Dadurch kann einerseits eine Revitalisierung der föderalen Antriebskräfte im Sinne des Wettbewerbsföderalismus erreicht werden; andererseits ist dies auch aus Gründen der Rückgewinnung eigenständiger politischer Gestaltungsspielräume der Länder zweckmäßig.
901 (Theorie, Methoden, Systematik; volkswirtschaftliche Eigentümlichkeiten des Forstwesens und der Waldwirtschaft) 97 (Internationale Forstpolitik und internationale Zusammenarbeit)