Modellierung des kurzwelligen solaren Strahlungshaushaltes im Hochgebirge auf der Basis von digitalen Geländemodellen und Satellitendaten am Beispiel des Hunza-Karakorum / Nordpakistan
Die vorliegende Arbeit stellt die Entwicklung einer GIS-basierten Methode zur quantitativen Ermittlung landschaftsökologisch bedeutsamer potentieller und annähernd reeller kurzwelliger Strahlungsenergieflüsse in einem Hochgebirgsraum dar. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt dabei in der methodischen Fortentwicklung bestehender Ansätze, deren dreidimensionaler Übertrag auf Flächendaten, und deren Einbindung in ein Gesamtmodell auf der Basis von Fernerkundungsdaten und topographischen Modellen des Untersuchungsraumes. Die wesentliche Motivation für die Entwicklung der vorliegenden Ansätze lag darin, dass sich bei einer Breitenlage von 36° Nord im Untersuchungsraum Hunza-Karakorum ökologisch bedeutsame Raummerkmale mit dem solaren Strahlungsenergieempfang korrelieren lassen, der in diesem subtropischen Hochgebirgsraum durch die Topographie modifiziert wird. Nach einer Einführung in das Thema der Arbeit wird daher zunächst der Untersuchungsraum und seine naturräumliche Ausstattung erläutert. Hierbei werden in der Hauptsache diejenigen räumlichen Merkmale angeführt, die einerseits die Strahlungsflüsse modifizieren und andererseits in ihrer räumlichen Ausprägung dem unterschiedlichen Strahlungsempfang unterliegen. Dies sind im wesentlichen die Topographie, die Bewölkung, die Naturvegetation sowie die Eis- und Schneebedeckung. Darüber hinaus wird angenommen, dass der Reifegrad bestimmter Nutzpflanzen vom kleinräumigen Wechsel des Strahlungsempfangs beeinflusst wird. Aufgrund vorangegangener Arbeiten im DFG-Schwerpunkt "Culture Area Karakorum", die mittlerweile in Form von Diplomarbeiten und Dissertationen abgeschlossen wurde, war die Datenlage für das oben geschilderte Vorhaben besonders günstig. Es standen Flächendaten in Form eines digitalen Höhenmodells, einer LANDSAT-5-TM Szene und einer Landnutzungsklassifikation, sowie Punktdaten in Form von Horizontvermessungen und Globalstrahlungsmessungen zur Verfügung. Hinzu kamen Bewölkungsbilder, generiert aus NOAA-Satellitendaten und weitere aus Satellitenmessungen abgeleitete Daten zum Reflexionsverhalten von Landoberflächen. Hierbei musste in Kauf genommen werden, dass die Fernerkundungsdaten teilweise erheblich in ihrer Auflösung untereinander differierten. Dennock kann insgesamt davon ausgegangen werden, dass auch die nicht hoch auflösenden Satellitenprodukte ihren Zweck erfüllten. Im Anschluss an die Erläuterung der Datenlage folgt die Beschreibung der entwickelten Algorithmen, die auf der Basis einzelner Softwarebausteine realisiert wurden. Als Konsequenz vorangegangener Arbeiten, in denen keine Validierung der modellierten Einstrahlung stattfand, wurden zunächst mehrere Strahlungstransfermodelle anhand gemessener Globalstrahlungsdaten getestet. Dies erfolgte auf der Basis von Punktmodellen für einzelne Klilmastationsstandorte, sodass schließlich das best fit-Modell auf die Fläche übertragen werden konnte. Nachdem weitere, für die Beschreibung der Topographie im Modell wichtige Ableitungen des digitalen Höhenmodells erstellt werden konnten, entstand zunächst ein Modellprogramm für die Berechnung der potentiellen Einstrahlung, das die maximal möglichen Einstrahlungswerte für einen Berechnungszeitraum aufsummiert, und in einer Datei hinterlegt. Dabei kann entweder das gesamte kurzwellige Solarspektrum berechnet werden, oder die spektrale Bandbreite auf den photosyntheseaktiven Teil der Einstrahlung begrenzt werden. Aufbauend auf dem Einstrahlungsmodell entstand in der Folge ein Modellalgorithmus zur flächenbezogenen Berechnung der potentiellen, kurzwelligen Reflexion, das ebenfalls die Summen der Strahlungsflüsse ermittelt, und für längere Berechnungszeiträume ausgelegt wurde. Zur Generierung der Input-Daten für dieses Modell waren weitere umfangreiche Vorarbeiten notwendig. So musste u.a. die für den Untersuchungsraum vorliegende Landnutzungsklassifikation auf die 3 Hauptklassen Schnee/Eis, Vegetation und unbedeckter Boden reduziert werden. Die Unterscheidung zwischen Vegetationssignal und Bodensignal wurde dabei über den Vegetationsindex NDVI getroffen. Weitere Vorarbeiten betrafen die Korrektur der verwendeten LANDSAT-Kanäle in Form eines Ausgleichs der topographisch bedingten Beleuchtungsverhältnisse sowie die Erkennung gesättigter Signale von Schneeoberflächen. Das so entstandene Modellierungsprogramm ermöglicht die Berechnung sowohl der reflektierenden als auch der absorbierten kurzwelligen Solarstrahlung. Damit ergibt sich auf der Basis dieses Modellalgorithmus die flächenbezogene, potentielle kurzwellige Strahlungsbilanz für den Untersuchungszeitraum. In einer weiteren Ergänzung des Einstrahlungsmodells konnte unter Verwendung von NOAA-Szenen und Globalstrahlungsdaten die Bewölkung integriert, und somit versuchsweise die reellen Globalstrahlungssummen approximiert werden. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die Signaldifferenzen der NOAA Kanäle 3 und 4 in einem inversen linearen Verhältnis zur gemessenen Globalstrahlungssumme stehen, und damit einen Indikator für die kurzwellige Transparenz der Bewölkung im Berechnungszeitraum darstellen. Diese statistisch gestützte Korrelation wurde über eine lineare Regressionsformel in die Einstrahlungsmodellierung übernommen, sodass schließlich die Strahlungsdämpfung der Bewölkung im Untersuchungsraum Hunza testweise für einen Zeitraum von 10 Tagen dargestellt werden konnte. Nach dem methodischen Teil werden schließlich in einem weiteren Kapitel die Anwendungsmöglichkeiten der entwickelten Modellalgorithmen dargestellt und diskutiert. Es sind hierin sowohl agrarklimatologische Ansätze mit Bezug auf die Photosynthese und die Verdunstung, als auch mögliche Modellierungen der Ablation von Schnee und Eis aufgezeigt, für deren quantitative Umsetzung in beiden Fällen die kurzwellige Strahlungsbilanz eine elementare Kenngröße darstellt. Es wurde damit ein Ansatz erarbeitet, der auf der Grundlage der modellierten Geofaktoren sowie der weiteren Flächendaten wesentliche Teilelemente der ökologischen Amplituden im Untersuchungsraum Hunza-Karakorum berechnet und räumlich darstellt.