Gemäß ihren Grundsätzen liegt der Interpretativen Methodologies eine Leittheorie zugrunde, die auf der Theorie des Handlungsaufbaus und des Handlungsprozesses basiert. Diese Leittheorie dient einerseits zur Strukturierung des Forschungsfeldes und andererseits dazu das wissenschaftliche Verstehen intersubjektiv nachvollziehbar zu machen. Der Vorteil der Interpretativen Methdologie gegenüber anderen qualitativen Ansätzen besteht darin, dass sie zwei bislang als unvereinbar geltende methodologische Ziele verbindet: die Untersuchung von Phänomenen im natürlichen Handlungskontext der Individuen mit Hilfe von offenen, problemzentrierten Interviews bei gleichzeitiger intersubjektiver Überprüfbarkeit der Ergebnisse. Ermöglicht wird die Vereinbarkeit dieser beiden methodologischen Ziele durch das Konzept des Strukturdatums. Unter Strukturdatum ist eine Textstelle in einer Handlungsbeschreibung zu verstehen, welche eine die Handlung regulierende Komponente repräsentiert. Bichlbauer unterscheidet sechs regulative Handlungskomponenten: Motivation, Erfahrung, Kontruktives Verständnis, Reaktives Verständnis, Instrumentale Bewertung und Reaktive Bewertung. Jede einzelne dieser Handlungskomponenten kann sich in einer Vielzahl von sprachlichen Ausdrücken manifestieren. Motivation beispielsweise kann durch "ich will", "ich habe die Absicht" oder "ich bin interessiert an" ausgedrückt werden. Trotz unterschiedlicher sprachlicher Ausdrücke können die Handlungskomponenten aus den Handlungsbeschreibungen isoliert werden. Dies deshalb, weil jede der Handlungskomponenten, unabhängig von der konkreten Wortwahl bei ihrer Beschreibung, identifizierbar ist durch die Ausprägungen in den Strukturkriterien: Gebundenheit, Richtung und Psychische Ebene. So ist Motivation beispielsweise immer an das Subjekt gebunden, geht vom Subjekt zum Ziel und äußert sich sprachlich auf volitionaler, emotionaler oder kognitiver Ebene. die unterschiedlichen Ausprägungen der Handlungskomponenten in Bezug auf die Strukturkriterien macht sich die Interpretative Methdologie zunutze und formuliert Zuordnungskriterien (= Strukturdefinitionen), um die Strukturdaten aus den Handlungsbeschreibungen zu erhalten. Strukturdaten werden also nicht unmittelbar durch den Kontakt Frage-Befragter gewonnen, sondern durch Anwendung der Zuordnungskriterien bei der Analyse der Interviewprotokolle. Daraus ergeben sich zwei wichtige Konsequenzen: (1) Bei der Interviewführung ist nicht die Fragenformulierung entscheidend, sondern die Strategie der Befragung: nur eine möglichst detaillierte Beschreibung garantiert, dass das Regulationsmuster der Handlung deutlich wird. (2) Die Gewinnung der Strukturdaten ist unabhängig von der konkreten Wortwahl bei Interviewfragen und Handlungsbeschreibung.