Die Schwarzerle wurde für das Jahr 2003 zum Baum des Jahres gewählt. In der natürlichen Verbreitung prägt sie das Bild der nassen Grundwasserböden entlang von Flüssen und an Ufern von Bächen und Seen. Auf torfigem Substrat bildet sie Reinbestände in Bruchwäldern. Sie besiedelt somit Lebensräume, die durch Veränderungen besonders stark bedroht sind und daher zum großen Teil durch das Bayerische Naturschutzgesetz und als Lebensräume der FFH-Richtlinie geschützt sind. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft richtete mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald - Landesverband Bayern - in Rott am Inn eine Fachtagung zum Baum des Jahres aus. In bewährter Tradition wurden in Vorträgen verschiedenste Aspekte zur Schwarzerle beleuchtet und hier zusammengefasst. In seinen dendrologischen Anmerkungen zur Schwarzerle gibt GREGOR AAS einen Überblick der systematischen Besonderheiten dieses Birkengewächses. Die Pionierbaumart zeichnet sich durch hohen Lichtbedarf, rasches Jugendwachstum und eine Lebenserwartung bis 120 Jahre aus. Keine Baumart toleriert mehr stagnierende Nässe, was auf ihr sauerstoffleitendes Wurzelsystem zurückzuführen ist. Eine weitere Besonderheit ist ihre Fähigkeit, in Symbiose mit Bakterien aus der Gruppe der Actinomyceten Luftstickstoff zu binden. Die Rolle der Schwarzerle in den heimischen Waldgesellschaften stellen JÖRG EWALD und HELGE WALENTOWSKI vor. Ihr heutiges Areal reicht vom mediterranen Hartlaubgebiet bis in die boreale Nadelwaldzone und in die kontinentalen Steppen- und Wüstengebiete. Ihre Höhenverbreitung geht am Nördlichen Alpenrand bis 1050 m. Die Schwarzerle bildet Waldbestände auf nassen oder häufig überfluteten Standorten in den Waldgesellschaften des Erlen-Bachauenwaldes, des Erlen-Sumpfwaldes und des Erlen-Bruchwaldes. Sie hat mittlere Ansprüche an die Basen- und Nährstoffversorgung und hohe Ansprüche an Bodenfeuchte und Sommerwärme. Einige Merkmalssyndrome wie eine rasche Keimung auf Rohboden, Verbissresistenz und vegetative Regenerationsfähigkeit sind womöglich Anpassungen zur Regulierung zoogener Stress-Faktoren. NORBERT LAGONI berichtet über die Schwarzerle in der Volksheilkunde und Pharmazie. Traditionell werden Erlenrinde und -blätter zur Bereitung natürlicher Heilmittel verwendet. Herausragend ist der hohe Gerbstoffgehalt der Rinde. Heute steht die äußerliche Anwendung bei Haut- und Schleimhauterkrankungen im Vordergrund naturheilkundlicher Behandlung. Die waldwachstumskundliche Charakterisierung der Schwarzerle übernahm HEINZ UTSCHIG. Das Ziel, im Alter von 80 Jahren Schwarzerlen mit einem Brusthöhendurchmesser von 45 cm zu erziehen, kann auf mittlerem Standort nur bei intensiver Förderung von früher Jugend an erreicht werden. Die Baumart benötigt für hohe Zuwachsleistungen eine gut ausgebaute Krone. Die extrem rasche Jugendentwicklung zwingt zu einer sehr raschen Vorgehensweise, um die anfänglich hohen Durchmesser und Höhenzuwächse auszunutzen. Die Schwarzerle ist auf schwierigen Grundmoränenstandorten eine gute Alternative zu labilen Fichtenbestockungen. Es können wertvolle Bestände in kurzer Umtriebszeit erzogen werden. Waldbauliche Konzepte zur Pflege der Schwarzerle vermittelte THOMAS IMMLER. Das Produktionsziel ist Wertholz statt C-Holz. Die Schwarzerle setzt wegen ihres rasanten Wachstumsverlaufs eine schmale Bandbreite des zeitlichen Handlungsspielraumes. Ein frühzeitig eintretender Falschkern verringert den Wert beträchtlich. Hochrentabel sind Stärken von L4 bis L5a. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen bereits im Alter 10-20 Jahre rd. 300 Auslesebäume gefördert werden. Anschließend wird durch kräftige Umlichtung auf Dimension durchforstet, um dann ab einer Oberhöhe von 20 m die Auslesebäume voll zu umlichten. Roterlenpopulationen zeigen nach RANDOLF SCHIRMER eine ausgeprägte genetische Variation zwischen Herkünften und innerhalb von Populationen. Die genetische Beschaffenheit von Erntebeständen ist äußerst wichtig z. B. hinsichtlich der Stammformen. Der Verbreitungs- und somit Ernteschwerpunkt liegt in den Bruchwäldern Nordostdeutschlands. Das Saatgut unterliegt grundsätzlich den Bestimmungen des Forstvermehrungsguts. Erlen fruktifizieren regelmäßig, jedoch finden häufig nur Spreng und Teilmasten statt.
THOMAS JUNG weist darauf hin, dass die Phytophthora-Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern seit 1995 beobachtet wird. Entlang von Flussläufen wie auch in flussfernen Pflanzungen kommt es zu Krankheits- und häufig auch Absterbeerscheinungen. Ursache der Rindennekrosen ist eine bislang unbekannte Phytophthora-Art. Eine landesweite Schaderhebung ergab ein Befallsprozent von fast einem Drittel aller untersuchten Bestände. Zum Großteil handelt es sich dabei um Wiederaufforstungen von Sturmwurfflächen aus dem Winter 1990 sowie um Erstaufforstungen. Mit der Welt der Pilze beschäftigen sich MARKUS BLASCHKE und WOLFGANG HELFER.Die Schwarzerle hat ein enges Verhältnis zu einigen Mykorrhizapilzarten. So erbrachten Untersuchungen in bayerischen Naturwaldreservaten 15 an die Schwarzerle gebundene Mykorrhizapilzarten,aber auch 92 Holzzersetzer. Im naturbelassenen Erlenwald ist der Anteil liegenden Totholzes von besonderer Bedeutung. Pilzkrankheiten treten sowohl an Blättern wie auch im Ast- und Stammbereich auf. Schwarzerlen haben laut PETER JÜRGING in der Ingenieurbiologie schon immer eine wichtige Rolle für die Wasserwirtschaft gespielt, sei es bei der Uferbefestigung, bei der Regelung des Bodenwasserhaushaltes oder als Pionier. Besonders hervorzuheben ist ihr Einfluss auf die Wasserqualität. Gehölzstreifen entlang der Gewässer wirken als Puffer und Filter gegen Stoffeinträge aus angrenzenden Nutzflächen. Außerdem tragen sie zur Vernetzung der Lebensräume bei. Mit Erlen bestandene Fließgewässer sind in unseren meist geometrisch angelegten Produktionsflächen eine optische Bereicherung. Nach DIETER GROSSER zählt die zerstreutporige Schwarzerle zu den Splintholzbäumen. Das leichte bis mittelschwere Holz ist weich, von feiner Struktur und nur wenig tragfähig. Es ist leicht und sauber zu bearbeiten. Im Wasserbau ist die Dauerhaftigkeit sehr hoch, nicht jedoch, wenn das Holz der Witterung ausgesetzt ist. Es wird als Rundholz,Schnittholz und in Form von Furnieren gehandelt. Im Möbelbau wurde es wieder entdeckt als Massivholz wie als Furnier und Blindholz. Nicht selten dient es der Imitation von wertvollen Edelhölzern. Traditionell werden Holzschuhe hergestellt. Über die Schwarzerle in der Hand des Schreiners berichtet STEPHAN SCHLAUG In Deutschland werden jährlich rund 15.000 Festmeter Erlenholz eingeschlagen und abgesetzt. Bis vor 25 Jahren wurde die Schwarzerle als minderwertiges Holz angesehen. Dabei lässt sich das Holz problemlos bearbeiten und kann so für die Gewinnung von Furnier gemessert und geschält werden. Wie Linde lässt es sich gut schnitzen und drechseln. Auch ist es sehr gut zu verleimen. Lackieren und Ölen verleihen dem Holz einen seidigen, schützenden Überzug. Mit Beizen lassen sich farbige Akzente setzen. Ein neues Thema eröffnete RAINER HERZOG mit der Schwarzerle in der Gartenkunst. Die Baumart ist "seit alter Zeit in Kultur". Wann sie Einzug in die Gärten hielt, konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden, zumal die Erlen in der Primärliteratur und in den historischen Archivalien meist ohne Unterscheidung der Arten erwähnt werden. Im 18. Jahrhundert wird von ihrem Vorkommen beim neuen Residenzschloss in Bayreuth und in der nahegelegenen Fantaisie berichtet. Besondere Wertschätzung erfuhr die Baumart beim bayerischen Hofgarten-Intendanten Friedrich Ludwig Sckell. Er maß ihr besondere gestalterische Bedeutung vor allem am Wasser zu. Die Ausführungen von JAQUES ANDREAS VOLLAND zur Erle in Sage und Legende der verschiedensten Landschaften beendeten die Vortragsreihe. Wegen ihres Vorkommens an verrufenen und unheimlichen Orten, Erlenbrüchen,Sümpfen und Mooren, aber auch wegen des rot färbenden Holzes, werden ihr viele negative Wirkungen zugeschrieben. Gerade daher gewinnt sie mit dem im Volksglauben üblichen Mittel des Gegenzaubers umfangreiche Bedeutung. Dabei finden viele der genannten Verwendungen ausschließlich mit der Erle statt. Goethe baut in seinem "Erlkönig" dichte psychologische Spannung um die Magie der Natur und die Freiheit der Geister auf. Dies bildet in Literatur und Musik die Ausgangslage für umfangreiches Schaffen und Wirken bis in die Gegenwart.In der aktuellen Welle um Esoterik und Mythologie hat die Erle an Bedeutung gewonnen. Mit den Veränderungen in Landwirtschaft und Gesellschaft sind Gebräuche und Wissen bereits heute nahezu vergessen.