Fernerkundungsbasierte Kartierung von Schnee- und Eisflächen hochalpiner Gebiete : Ein Beitrag zur Abflussmodellierung und Bewertung der Auswirkungen potentieller Klimaänderungen
Saisonale Schneedecke und Gletschereis steuern die Abflussentwicklung in hochalpinen Gebieten. Sowohl der Schnee wie auch das Eis reagieren in diesen Regionen empfindlich auf eine globale Temperaturänderung, weil ihre Temperatur heute nahe am Schmelz- bzw. Gefrierpunkt liegt. Wie ändert sich das Abflussverhalten bei einer globalen Klimaänderung? Welchen Einfluss haben die Gletscher auf die Abflussentstehung? Um diese Fragen zu beantworten, wurde der Gebietsabfluss in einem hydrologischen Abflussmodell unter Verwendung von Satellitendaten für verschiedene Zeitpunkte berechnet. Es wurden die drei Schweizer Einzugsgebiete Rhein-Felsberg, Rhône-Sion und Ticino-Bellinzona untersucht und miteinander verglichen. Die drei Gebiete sind geprägt von unterschiedlichen topographischen, physiographischen und klimatischen Verhältnissen sowie unterschiedlich starker Vergletscherung. Es konnten Unterschiede im Ausaperungs- und Abflussverhalten festgestellt werden.
Mit geometrisch hochauflösenden, optischen Satellitenbilddaten wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten Schnee- und Eisflächen kartiert. Die Bilddaten wurden geometrisch und radiometrisch korrigiert. Wolken- und waldbedeckte Gebiete wurden maskiert und gesondert behandelt. Mit multispektraler Klassifizierung wurden mehrere Einzelklassen abgeleitet, welche in 'Schnee', 'Eis' und 'aper' zusammengefasst wurden. Die Ergebnisse wurden mit Schneemessdaten überprüft. Versuche mit Datenfusion haben gezeigt, dass die Segmentierbarkeit von 'Schnee' und 'Eis' verbessert und damit die Gleichgewichtslinie auf Gletschern (GWL) bestimmt werden kann. Die Ergebnisse aus der Satellitenbildklassifikation wurden in ein Geographisches Informationssystem übernommen und mit snow cover units (SCU) überlagert. Das Ausaperungsmuster der Schneedecke konnte anhand dieser SCU analysiert werden. Wolken- und waldbedeckte Gebiete wurden innerhalb der SCU extrapoliert. Die aus der Fernerkundung gewonnenen Daten bilden eine Verknüpfung zur hydrologischen Modellierung. Es wurde ein Modell zur Abflussberechnung in hochalpinen Gebieten entwickelt, das universal anwendbar ist, mit wenigen Inputdaten auskommt, für mittlere bis grosse Einzugsgebiete geeignet ist und zur Berechnung von Einflüssen von Klimaänderungen geeignet ist. Das entstandene SRM+G Modell ist eine Weiterentwicklung des Schneeschmelz-Abfluss Modelles SRM-ETH, mit dem neu auch die Gletscherschmelze berechnet werden kann. Das SRM+G ist ein deterministisches Modell, dessen räumliche Struktur mit Höhenzonen und Teilregionen untergliedert wird. Die Schmelzberechnung basiert auf der Grad-Tag Methode und benötigt Angaben über Grösse und Verteilung der Gletscherflächen. Mit Hilfe der aus Satellitendaten gewonnenen Schnee- und Eisbedeckung, täglich gemessenen Temperatur- und Niederschlagsdaten und einem Satz von 11 physikalisch bestimmten Parametern wird der tägliche Gebietsabfluss berechnet. Die Zusammensetzung des Abflusses kann quantifiziert werden in Schnee- und Eisschmelze, Regen und Neuschnee. Mit dem SRM+G wurden ausgewählte Jahre simuliert, die eine Ausgangsbasis für weitere Berechnungen darstellten. Um die Untersuchungsgebiete untereinander vergleichen zu können und um Abflussberechnungen für Klimaszenarien durchführen zu können, wurde ein Jahr mit den durchschnittlichen Verhältnissen der langjährigen Klimaperiode 1961-90, das sog. Normjahr, berechnet. Schnee- und Eisbedeckung für das Normjahr wurden unter Verwendung von modified snow cover depletion curves bestimmt, indem Kurven vom Ausgangsjahr den neuen klimatischen Verhältnissen angepasst wurden. Ausgehend von der Abflusssituation des Normjahres wurden Berechnungen für den Abfluss unter veränderten Klimabedingungen durchgeführt. Für alle drei Gebiete wurde der Abfluss mit unterschiedlich starken Szenarien für Temperaturerhöhung und Niederschlagszunahme (IPCC Szenarien 2030 und 2100) berechnet. Zusätzlich wurde der Abfluss für Rhône-Sion mit einem Szenario für eine Temperaturabnahme und ebenfalls Niederschlagszunahme (Szenario 1850) berechnet. Die entsprechenden Gletscherflächen für Rhône-Sion wurden für die IPCC Szenarien über einen GWL-Ansatz berechnet, für 1850 aus einem zuverlässigen Datensatz vom Gletscherhochstand 1850 von Maisch übernommen. Die Ergebnisse zeigten in den drei Gebieten für 2030 und 2100 einen gegenläufigen Trend. Für die gering vergletscherten Gebiete Rhein-Felsberg und Ticino-Bellinzona nimmt die Abflussmenge mit der Stärke des Szenarios ab, für das stark vergletscherte Rhône-Sion zu. Diese Zunahme wird durch die erhöhte Gletscherschmelze bei Temperaturzunahme verursacht. Beim extremsten Szenario 2100A hat sich jedoch gezeigt, dass bei einem Gletscherrückzug die Gesamtabflussmenge wieder sinkt. In den geringvergletscherten Gebieten trat dieser Effekt nicht auf. Schneemangel und erhöhte Verdunstung führten dort zu einem Abflussrückgang. Für die schnee- und eisreiche Situation 1850 ergaben sich erhöhte Abflussmengen.
116.12 (Ablagerung und Verteilung des Schnees (einschl. Wirkungen auf die Bodentemperatur usw.)) 116.21 (Einfluß meteorologischer Faktoren) 111.83 (Klimaänderungen. Paläoklimatologie) 585 (Lufterkundung und -vermessung im allgemeinen. Fernerkundung) [494] (Schweiz)
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1400578
12986
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Institut für Naturgefahren und Waldgrenzregionen - Innsbruck