Die Untersuchungen für das Vorkommen von Quecksilber in Nahrungsketten haben ergeben, daß in dieser Hinsicht große Unterschiede zwischen land- und forstwirtschaftlichen Ökosystemen sowie zwischen aquatischer und terrestrischen Nahrungsketten bestehen. Im Wald finden wir eine vergleichsweise geringe Quecksilberzufuhr durch den Regen, aber eine hohe Anreicherung des Metalls in den organischen Schichten an der Bodenoberfläche, in denen es so fest gebunden wird, daß es durch Niederschläge nur wenig ausgewaschen wird und auch von den Tieren, die sich von dem stark belasteten Material ernähren, kaum aufgenommen werden kann. Auf dem Feld ist die Quecksilberzufuhr durch die Verwendung von Beizmitteln schätzungsweise dreifach höher. Aufgrund des geringen Humusgehaltes wird das Metall aber in wesentlich geringeren Konzentrationen angereichert und offenbar weniger fest gebunden, so daß es durch Niederschläge leichter ausgewaschen und auch leichter von Bodenorganismen aufgenommen werden kann. Die Hg-Gehalte der verschiedenen Gewässer weichen während der Vegetationsperiode nur geringfügig voneinander ab. Im Winter kann es aber bei bestimmten Witterungsverhältnissen zu Spitzenwerten kommen, die im wesentlichen auf Veränderungen der Schwebstofffracht durch Einschwemmung von Bodenmaterial zurückzuführen sind. Dieser Vorgang wird durch mehrere geographische Faktoren, z.B. das Bachgefälle, beeinflußt. Diese Faktoren können sich in ihrer Wirkung gegenseitig überdecken, so daß der Einfluß der einzelnen Faktoren für sich nicht klar in Erscheinung tritt. Im Winter steigen die Hg-Gehalte der Waldbäche geringer stark an als die der Feldbäche, was auf Einflüsse der Vegetation und auf Unterschiede in der Bindungsart des Quecksilbers bei Wald- und Feldböden zurückgeführt werden kann. In den aquatischen Nahrungsketten findet eine starke Anreicherung des Quecksilbers vom Wasser bis zu den Fischen statt, während in den terrestrischen Nahrungskettengliedern nur geringe Akkumulationsraten und teilweise sogar ein Rückgang der Hg-Gehalte gegenüber dem Substrat zu beobachten ist. Für diesen Gegensatz ist sicher von Bedeutung, daß die wasserbewohnenden Tiere ständig mit dem ganzen Körper intensiven Kontakt mit dem umgebenden Medium Wasser haben, während die meisten Landbewohner nur in indirektem Kontakt zum Substrat Boden stehen, in oder auf dem sie ihre Nahrung suchen. Weitere Ursachen können die unterschiedliche Länge der Nahrungsketten und das größere Nahrungsspektrum der meisten Landtiere sein. Die Fische weisen in ihren Hg-Gehalten eine sehr große Variationsbreite auf. Unterschiede im Grad der Anreicherung bei verschiedenen Arten können auf die Nahrungsgewohnheiten zurückgeführt werden: Die niedrigsten Hg-Gehalte wurden bei Friedfischen, die höchsten bei Raubfischen gefunden. Unterschiede zwischen den Individuen einer Art sind wahrscheinlich in erster Linie auf Altersunterschiede zurückzuführen, da bei mehreren Arten der Hg-Gehalt der Organe mit der Länge oder dem Gewicht korreliert war. Am Beispiel der Forellen und Saiblinge aus dem Fischteich Solling konnte der Zusammenhang zwischen dem Hg-Gehalt und dem Alter direkt gezeigt werden. Die Anreicherung von Quecksilber verläuft in den verschiedenen Organen mit graduellen Unterschieden synchron, die Hg-Gehalte der Organe sind daher bei den Individuen positiv miteinander korreliert. Der Grad der Anreicherung kann in den einzelnen Organen der Fische sehr verschieden sein. Ein Teil der Fische speichert im Muskel später als in der Leber, bei anderen ist das Verhältnis ausgeglichen oder umgekehrt. Der Speichertyp ist möglicherweise artspezifisch. Er kann aber auch Einflüssen des Standortes und des Alters unterliegen. Die Forellen und Saiblinge aus dem Fischteich Sollingen speicherten in der Milz und der Leber weitaus stärker Hg als die anderen Fische. Eine erhöhte Aufnahme des Metalls aus dem Wasser oder über die Nahrung scheidet als Ursache aus, histologische Schäden an den Organen waren nicht feststellbar. Verschiedene Indizien, wie negative Korrelation der Hg-Gehalte der Organe mit dem Körpergewicht oder der Länge, Lipofuszinablagerungen in den Lebern und mageres Erscheinungsbild deuten auf Zusammenhänge zwischen dem Ernährungszustand der Fische und der Anreicherung von Hg in ihren Organen hin.