Die Studie basiert auf einer Auswertung von Publikationen sowie unveröffentlichten Forschungsergebnissen über den siet zwei Jahrzehnten viel diskutierten Begriff"menschliche Störungen" und ihre Auswirkungen auf Wildtiere in aquatischen, silvatischen und montanen Lebensräumen. - Besondere Aufmerksamkeit erregen Störungen von Wat- und Wasservögeln in aquatischen Lebensräumen. Diese Thematik betreffen folglich die meisten Publikationen. Der größte Teil der Arbeiten beschränkt sich allerdings auf die quantitative Darstellung von störungsbedingten Verhaltensänderungen, wobei dem "Störfaktor Jagd" die größte Bedeutung beigemessen wird. - Beschränkung der Untersuchungen auf diesen Teilaspekt führte zu weitreichenden Spekulationen über negative Auswirkungen jagdbedingter Verteibungen. Diesen widerspricht jedoch die tatsächliche Bestandsentwicklung der Wasservögel: Die meisten Arten der westlichen Paläarktis hatten seit zwei Jahrzehnten stabile oder positive Populationstrends. - In silvatischen Lebensräumen können die Forderungen nach höheren jagdlichen Aktivitäten zur Schalenwildreduktion zu größerer Scheu des Wildes auch gegenüber nicht jagenden Waldbesuchern führen. Die Folge sind Verhaltensänderungen und im Falle des Rotwildes höhere Schälschäden in Dickungen und Stangenhölzern. Am Beispiel von zwei Rotwildgebieten (Duvenstedter Brook bei Hamburg und Forstamt Bebenhausen bei Stuttgart) werden Bejagungsmodelle diskutiert, die auch in diesem Fall jagdbedingte Störreize vermindern. Dies, sowie geeignete Lenkung von Waldbesuchern führte zu beachtlicher Vertrautheit des Wildes gegenüber Menschen, die Rückkehr zu natürlichen Äsungsplätzen und -rhythmen und folglich zu wesentlich geringeren Wildschäden. Die waldbaulichen Zielsetzungen waren fast ohne Zaunschutz zu erreichen, trotz Anhebung der Rotwildbestände im Interesse der Wildbeobachtung und der Funktion als Staatsjagdrevier. - Auch in montanen Lebensräumen gelten die von zunehmenden Freizeitaktivitäten ausgehenden Störreize als Problem für Wildtiere. Am Beispiel der Rauhfußhühner (Tetraonidae) zeigte sich jedoch, wie eine kritiklose Überbewertung menschlicher Störfaktoren dazu führen kann, wesentlich gravierendere Rückgangsursachen zu übersehen. Eine Untersuchung am Birkwild (Tetrao tetrix) im Allgäu ließ eine erstaunliche Gewöhnung der Vögel an den Ski-, Lift- und Sesselbahnbetrieb erkennen. Der Rückgang der dortigen Population ist daher - entgegen weit verbreiteter Meinung - hierdurch nicht zu erklären. Viel entscheidender scheint die in diesem Gebiet stark angestiegene Dichte von Prädatoren (Fuchs, Rabenvögel) zu sein, nachdem die für die Freizeitaktivitäten erforderliche Infrastruktur diesen ein unnatürlich hohes Nahrungsangebot bereitstellt. - Damit konnte auch diese Studie aufzeigen, wie weit sich menschliche Vorstellungen von der Realität entfernen können. Sie möge zu einer kritischeren Betrachtung des noch jungen Begriffs "menschliche Störungen" anregen und zu gründlicheren Untersuchungen über deren Auswirkungen auf die Tierwelt führen.