Raumordnung und Wald : Eine Untersuchung über die unterschiedlichen Verhältnisse in einem Industriestaat (der Bundesrepublik Deutschland) und einem Entwicklungsland (Süd Vietnam) : Dissertation, Georg-August-Universität Göttingen. Forstliche Fakultät
Der Wald ist ein unentbehrliches und oft beherrschendes Gestaltungselement der Landschaft, ein bedeutsamer Faktor des menschlichen Lebensraumes, eines Raumes, der "in seinen natürlichen Gegebenheiten vom Mensch genutzt wird oder von ihm genutzt werden kann" und einen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gehalt besitzt (110 a). Der Wald steht also in enger und vielfältiger Wechselbeziehung zu den Menschen und den von ihnen bewohnten Räumen. Seine Existenz, Entwicklung und funktionelle Bedeutung gegenüber der menschlichen Gesellschaft ist daher mit der Gesamtentwicklung des Lebensraumes verbunden, welche heutzutage weit mehr durch die menschlichen Maßnahmen zur Nutzbarmachung des Raumes als von den Naturvorgängen selbst bestimmt ist. In der gegenwärtigen Ordnung der Nutzbarmachung und Gestaltung des Lebensraumes - der Raumordnung - gewinnt der Wald ohnehin neue funktionelle Akzente wirtschaftlicher, sozialer und gesellschaftspolitischer Art. Die Stellung des Waldes in der gegenwärtigen Gesellschaft bedarf daher der Überprüfung, um ihm in der Raumordnung eine funktionsgerechte Aufgabe zuzuweisen und die zu ergreifenden Maßnahmen darauf abzustimmen. Das setzt aber eine wirtschaftlich fundierte Kenntnis von der Mensch- (Lebens-) Raum-Wechselbeziehung und den Struktur- und Entwicklungsproblemen voraus. Dies führt zu einer Vorstellung über den "geordneten" bzw. "entwickelten" Raum, das heißt zu einem Leitbild des Raumes, auf das hin die raumstrukturelle Entwicklung auszurichten ist. Was die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Raum betrifft, so sehen wir, daß ursprünglich die raumbedeutsamen Naturfaktoren das Landschaftsbild und die menschlichen Siedlungen bestimmen. Die Existenz und die Entfaltung des Menschen konnte nur unter günstiger Kombination dieser Faktoren gewährleistet werden, also im Gebiet mit gemäßigtem Klima, ausgeglichenen Oberflächenformen, ausreichendem Wasservorkommen, fruchtbaren Böden sowie mannigfaltiger Flora und Fauna. Sie bieten den Menschen eine Vielzahl von Möglichkeiten hinsichtlich der Ernährung, der Landnutzung, der Vermögensbildung sowie günstige Voraussetzungen für höhere Arbeitsleistung. Sie ermöglichen daher eine größere Bevölkerungsverdichtung, welche in ihrer Entwicklung wiederum die Struktur und den Zusammenhang des Naturraumes an vielen Stellen schnell und tiefgreifend verändert. Die Lebensäußerung, die wirtschaftlichen Prozesse, die Bevölkerungsdynamik und die technische Evolution stellen neue raumbestimmende Faktoren dar, anthropogene Faktoren also, welche heutzutage weitgehend die Änderung der Raumverhältnisse beeinflussen und bestimmen. Bevölkerung, Städte, Verkehrsnetze uws. verdrängen und überlagern den Faktor Natur immer mehr.