Ursprünglich waren die Braunbären in den Alpen fast ausgerottet. Seit 1992 setzt jedoch eine verstärkte Zuwanderung von Bären aus Slowenien in die Alpen ein. Derzeit leben etwa 30-40 Bären in den österreichischen und italienischen Alpen und weitere 50 im slowenischen Alpenanteil. Da in Österreich keine Aussetzungen geplant sind, ist die Ausbreitung von Slowenien von entscheidender Bedeutung. Theorien wie Metapopulations- oder source-sink-Theorie bieten ein theoretisches Gerüst, um die weitere Entwicklung und die zukünftige Verteilung der Bären in den Alpen anzuschätzen. Beide Theorien bauen auf Dispersalmustern auf. Doch derzeit sind diese Muster nicht bekannt und deshalb alle Vorhersagen dieser Theorien unsicher. Um diese Dispersalmuster und darauf aufbauend die Ausbreitung anschätzen zu können, führte ich folgende drei Schritte durch: (1) Ich untersuchte die Habitatnutzung von Bären in Slowenien und extrapolierte die Ergebnisse in die gesamten Ostalpen. Darauf aufbauend schätzte ich mit einem CostDistance-Modell die grobe Ausbreitung ab. (2) Die räumlichen Muster dispergierender Bären untersuchte ich unter folgender Annahme: Dispersal ist gezielte Abwanderung vom Geburtsgebiet. Dazu verglich ich die beobachteten Wanderungen mit Zufallswanderungen. (3) Im dritten Schritt faßte ich die Ergebnisse der vorhergegangenen zwei Kapitel zusammen, indem ich ein räumlich-explizites und individuenbasiertes Simulationsmodell mit diesen Ergebnissen parametrisierte und die Ausbreitung und räumlichen Bewegungsmuster in gegenseitiger Abhängigkeit untersuchte. Es ergaben sich folgende Ergebnisse: (1) Habitat- und Ausbreitungsmodell: Die Waldverteilung ist der entscheidende Faktor für die Raumnutzung der Bären. Menschliche Infrastruktur wie Straßen, Autobahnen, Siedlungen und Einzelhäuser haben keinen zusätzlichen Einfluß. Die besten Gebiete liegen in den Dinariden in Slowenien und Kroatien, im nordöstlichen Teil des österreichischen Alpengebiets und entlang der bayerisch-österreichischen Grenze. In den Südalpen gibt es ebenfalls gut geeignete Gebiete. Alle diese Gebiete sind untereinander verbunden mit Ausnahme des westlichen Trentinos. (2) Räumliche Bewegungsmuster: Die beobachteten Wanderungen unterscheiden sich nicht von Zufallswanderungen. Das spricht gegen die Theorie, daß dispergierende Tiere ihr Geburtsgebiet gerichtet verlassen. (3) Simulation der Ausbreitung: Das Simulationsmodell ergab sehr plausible räumliche Ausbreitungsmuster. Der Zeitraum der simulierten Ausbreitung war allerdings größer als in Wirklichkeit. Die Analyse der landschaftsabhängigen räumlichen Bewegungsmuster ergab, daß alle bis auf einen Bären Zufallswanderungen durchgeführt hatten, dieser jedoch wahrscheinlich gezielt abgewandert war. Der größere Zeitraum der simulierten Ausbreitung spricht ebenfalls dafür, daß es einige wenige Tiere gibt, die gerichtet abwandern. Das Habitatmodell erbrachte für die slowenischen und die österreichischen Datensätze eine erfreulich hohe Anpassung, so daß das Modell geeignet erscheint für die Bewertung vergleichbarer Landschaften als Lebensraum für Braunbären. Auch das CostDistance-Modell zeigte eine gute Übereinstimmung mit den Beobachtungen in Österreich. Die gefundenen räumlichen Bewegungsmuster widersprachen weitgehend den Erwartungen. Gerichtete Abwanderungen scheinen die Ausnahme zu sein. Damit fallen die bisher für gültig gehaltenen Erklärung über die Gründe des Dispersals (Vermeidung von Nahrungs- oder Partnerkonkurrenz und Inzucht) weitgehend aus. Aus diesen Ergebnissen läßt sich für den Bärenschutz ableiten, daß eine großräumige Zusammenarbeit der Verantwortlichen und der NGOs in den Ländern Österreich, Italien