In dieser Dissertation wird schwerpunktmaessig der Zeitraum des 19. Jahrhunderts untersucht, als die Niederwildjagd bei uns in den Vordergrund rueckte und die kynologische Entwicklung deshalb zur planmaessigen Zucht deutscher Vorstehhunde fuehrte. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts stand die Hochwildjagd im Vordergrund des jagdlichen Geschehens in Deutschland. Hierbei war der Leithund, ein direkter Vorfahre unseres heutigen Hannoverschen Schweisshundes, der wichtigste Hund. Die Vorstehhunde spielten nur eine untergeordnete Rolle. Man brauchte sie lediglich bei der Beitzjagd und zum Aufsuchen der Rebhuehner, die dann mit Netzen gefangen wurden. Die Schiessjagd aufs Niederwild begann in groesserem Umfang erst nach 1830, als Hinterladergewehre und Patronen zur Verfuegung standen. Grundsaetzlich aenderten sich die Verhaeltnisse aber nach der Revolution von 1848 durch das neue Jagdrecht. Es erlaubte jedem Grundbesitzer von mindestens 75ha die Jagd auf seinem Eigentum, kleinere Flaechen mussten zu Genossenschaftsjagden zusammengelegt werden. In dieser Zeit wurden die Hochwildbestaende stark verringert, deshalb jagte die Masse der Jaeger jetzt auf Niederwild. Durch die jagdgesetzlichen Aenderungen hatte sich die Anzahl der Jaeger betraechtlich erhoeht, die meisten von ihnen brauchten nun Vorstehhunde. Bisher verwendete man als Vorstehhund in der Regel nur den kurzhaarigen "Huehnerhund", davon waren aber zu diesem Zeitpunkt nicht genuegend vorhanden. Es entstand eine Mangelsituation. Diese hatte einerseits zur Folge, dass die Jaeger aus der Gruppe der lang- und rauhaarigen Hunde, die bisher als sogenannte "Wasserhunde" lediglich bei der Wasser- und Apportierarbeit Verwendung fanden, Vorstehhunde heranzuechteten. Andererseits importierten die Deutschen in steigendem Masse englische Vorstehhunde, vorwiegend Pointer und Setter. Diese dominierten bald im praktischen Jagdbetrieb, auf Ausstellungen und Pruefungen, beguenstigt durch die anglophile Phase jener Zeit, waehrend die deutschen Vorstehhunde zunehmend zurueckgedraengt und zuechterisch vernachlaessigt wurden. Der Qualitaetsunterschied zwischen den deutschen und englischen Jagdhunden war in der Mitte des 19. Jahrhunderts offensichtlich. In England gab es damals bereits eine zielgerichtete Zucht nach festgelegten Kriterien. Folglich wiesen die englischen Vorstehhunde alle Merkmale von gut gezuechteten Rassetieren auf, waehrend in Deutschland keine einheitlichen Richtlinien existierten, jeder kreuzte und zuechtete - mit insgesamt unbefriedigendem Ergebnis - nach eigenem Ermessen. Es gab nun in Deutschland sehr gute Vorstehhunde fuer die Feldjagd, das waren die importierten englischen Pointer und Setter als Spezialisten fuer das Suchen und Vorstehen. Zum Apportieren eigneten sie sich aber nicht so gut. In England war und ist noch heute eine Arbeitsteilung ueblich, neben den Vorstehhunden werden ......