Die vorliegende Untersuchung entwirft das Konzept einer alltagsorientierten Waldpädagogik, die Wirkung auf die Menschen zu erlangen hofft, indem sie direkt an deren Alltagsverständnis ansetzt. Der Zugang zu diesem Alltag wird auf der Grundlage Theorie der "Strukturen der Lebenswelt" von Alfred Schütz, die den Alltag als bestimmende Größe für das Denken und Handeln des einzelnen beschreibt, ergänzt durch die wissenssoziologische Theorie der "gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit" von Berger/Luckmann erschlossen. Das Konzept der alltagsorientierten Waldpädagogik kann allerdings nur soweit erfolgreichsein, als ein erheblicher Einfluss des Alltagsbewusstseins auf das Waldbewusstsein besteht. Aus diesem Grund steht die empirische Überprüftung des theoretisch abgeleiteten Zusammenhänge im Mittelpunkt dieser Untersuchung. Der empirische Test erfolgt am Beispiel des 680 000 Einwohner umfassenden Ballungsraumes Remscheid-Solingen-Wuppertal. Durch Befragung der drei Zielgruppen Schüler, Erwachsene Bevölkerung und Vereinsmitglieder werden vier grundsätzliche Abhängigkeiten des Waldbewusstseins vom Alltagsbewusstsein mit folgendem Ergebnis überprüft. Die (I) Wahrnehmung des Waldes hängt bei allen Zielgruppen signifikant von den Erfahrungen im Alltag ab. In dem Wunsch nach (II) Gestaltung des Waldes lässt sich nur bei den Erwachsenen eine starke Abhängigkeit vom Alltag und zwar von der beruflichen Lebenswelt nachweisen. Schülerinnen und Schülern haben dagegen insgesamt nur gering ausgeprägte Gestaltungswünsche in Bezug auf den Wald, die sich zudem zwischen aktiven und passiven Schülerinnen und Schülern nicht unterscheiden. Die (III) Wertschätzung des Waldes wird bei Vereinsmitgliedern signifikant von deren allgemeiner Werthaltung als Materialisten bzw. Postmaterialisten bestimmt. Bei Schülerinnen und Schüler fehlen hingegen stabile Werthaltungen und für Erwachsene gilt allgemein eine hohe Wertschätzung ohne Differnzierung nach deren allgemeinen Werthaltungen im Alltag. Hinsichtlich der (IV) gewünschten Nutzenstruktur des Waldes überwiegt bei den Schülerinnen und Schülern stark der Wunsch nach einem natürlichen Wald, wobei jedoch Schülerinnen und Schülern mit größerer sozialer Orientierung im Alltag dieses Leitbild signifikant stärker verfolgen als vorrangig individuell orientierte. Diese Abhängigkeit tritt auch bei den Vereinsmitgliedern auf, während die erwachsene Bevölkerung insgesamt nur ein diffuses Bild ergibt. Insgesamt können für alle Zielgruppen in Teilbereichen in Bezug auf die Wahrnehmung des Waldes, des Wunsches nach einer Gestaltung und seienr optimalen Nutzung sowie seiner allgemeinen Wertschätzung theoretisch erwartete Abhängigkeiten von Alltagsbewusstsein nachgewiesen werden. Dies spricht für die potentiell hohe Wirksamkeit des Konzepts der alltagsorientierten Waldpädagogik. An aktuellen waldpädagogischen Projekten im Untersuchungsgebiet wird abschließend illustriert, wie sich das Konzept in der Praxis zielgruppenbezogen umsetzen lässt. Die Untersuchung versteht sich als Ergänzung der bestehenden Praxis der Waldpädagogik mit dem Ziel, möglichst viele Menschen wirkungsvoll mit den Themen, Inhalten und Zielen der Waldpädagogik zu erreichen.