Cytogenetische und biochemisch-genetische Untersuchungen an Hirschen der Gattung Cervus (Cervidae, Artiodactyla, Mammalia) : Dissertation der Georg-August-Universitaet Goettingen
Insgesamt 56 Tiere aus einer irischen Hybridpopulation zwischen Rothirsch (Cervus elaphus) und Sikahirsch (Cervus nippon) sowie 146 Rothirsche (Cervus elaphus) und 32 Damhirsche (Cervus dama) aus verschiedenen westdeutschen Populationen wurden mittels cytogenetischer und biochemisch-genetischer Methoden untersucht. Fuer Hybriden zwischen Rothirsch und Sikahirsch wurde ein Idiogramm erstmals mit Hilfe der G- und C-Bandentechnik erstellt und auf diese Weise die Identifikation von einzelnen Chromosomen ermoeglicht. Auf dieser Grundlage konnte in der irischen Population ein Polymorphismus der Chromosomenzahl und -form (2n=64-68) unter Einbeziehung zweier Systeme Robertson'scher Translokatin beobachtet werden, welcher durch die Hybridisierung zwischen Rothirsch und Sikahirsch entsteht und dann in der Population aufrechterhalten wird. Die genetische Analyse von vollstaendigen Familien zeigt, dass es sich um einen balancieten Polymorphismus mit regulaerer Segregation handelt. Jeder Translokationssystem verhaelt sich dabei hinsichtlich der Vererbung wie ein Genlocus mit zwei Allelen. Hybridisierungsereignisse konnten somit als ein wesentlicher Entstehungsmechanismus der Karyotypenvielfalt in der Gattung Cervus nachgewiesen werden, waehrend Neumutationen als weniger bedeutend erkannt werden. Fuer Speciationsprozesse haben derartige Chromosomenumbauten Robertson'schen Typs demgegenueber keine oder nur eine geringe Bedeutung, da aufgrund der vorliegenden Ergebnisse fuer zwei Translokationssysteme angenommen werden muss, dass der Robertson'schen Translokationen per se keine reproduktive Isolation bewirken. Aufgrund der biochemisch-genetischen Untersuchungen von insgesamt 15 Proteinsystemen und der Analyse vollstaendiger Familien konnte ein genetischer Polymorphismus der 6- Phosphogluconatdehydrogenase (6-PGD) in der irischen Hybridpopulation sowie der Superoxiddismutase (SOD) und des Transferrings (Tf) in der irischen Population und in allen westdeutschen Rotwildherkuenften nachgewiesen werden. Die untersuchten Damhirsche zeigten einen Polymorphismus des Transferrinsystems. Alle drei untersuchten Proteinsysteme wurden damit als genetische Markersysteme identifiziert. Fuer die 6-PGD und die SOD konnten zwei, fuer das Tf drei Allele nachgewiesen werden, wobei eines der Transferrinallele nur in zwei Individuen einer Gatterpopulation beobachtet werden konnte, waehrend in allen anderen untersuchten Herkuenften zwei Allele nachweisbar waren. Fuer alle polymorphen Proteinsysteme konnte festgestellt werden, dass eines der beiden Allele meist deutlich haeufiger als das andere ist, wobei in der irischen Herkunft immer das Allel die groessere Haeufigkeit besitzt, welches in den westdeutschen Rotwildherkuenften das seltenere ist oder ganz fehlt. Die Gruende fuer die unterschiedlichen Allelhaeufigkeiten sind nicht bekannt, Viabilitaetsselektion waehrend der ersten ..