Pinus densiflora Sieb. et Zucc. praegt den koreanischen Wald zum einen wegen ihres grossen Flaechen- und Mischungsanteils, zum anderen auch wegen ihrer vielseitigen technischen Verwendbarkeit, sowie traditionellen und kulturellen Bedeutung. Neben alljaehrlich verheerenden Gallmueckenbefaellen und regelmaessigen Waldbraenden ist infolge der rasch fortschreitenden Industrialisierung des Landes anzunehmen, dass die koreanischen Kiefernwaelder durch Immissionsbelastungen und durch einen moeglichen Klimawandel (global change) in absehbarer Zeit auf der einen Seite vor unueberschaubare Probleme gestellt werden. Auf der anderen Seite bestehen bei dieser Baumart bezueglich ihrer Morphologie, Anatomie und Oekologie noch grosse Kenntnisluecken. Dadurch fehlt es an Moeglichkeiten, normale und abnormale Wachstumserscheinungen bei dieser Baumart zu unterscheiden und Reaktionen von Pinus densiflora auf Umweltveraenderungen vor dem Hintergrund ihrer normalen Variabilitaet zu diagnostizieren. Aus diesem Grund ist es notwendig, die morphologische und anatomische Variabilitaet dieser Baumart aktuell zu dokumentieren, um auf dieser Wissensbasis Merkmalsveraenderungen beurteilen zu koennen. Die vorliegende Arbeit soll daher auf der Grundlage einer oekologisch orientierten Morphologie und Anatomie am Beispiel von Pinus densiflora einen richtungsweisenden Beitrag leisten mit dem Wunsch, der dendrologischen Ausbildung an koreanischen Forsthochschulen ein zukuenftig staerkeres Gewicht beizumessen. Ziel dieser Arbeit ist es, zunaechst die verschiedenen Bauelemente in ihrer Morphologie, Anatomie und Entwicklung grundlegend zu analysieren und zu beschreiben. Darauf aufbauend werden dann in einer Synthese die Verzweigungsweisen, -systeme und Architekturmodelle dieser Baumart dargestellt, woraus sich Wachstums- und Anpassungsstrategien ableiten lassen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden insgesamt fuer die Analyse und Beschreibung der Baumarchitektur ueber 120 Baeume im Alter von 20 - ueber 200 Jahre untersucht. Fuer die Untersuchung der Bauelemente wurden zahlreiche Keimlinge und junge Baeume definierter Herkuenfte aus der Forstlichen Versuchsanstalt in Suwon/Suedkorea herangezogen. Bei den anatomischen Untersuchungen wurden zahlreiche und aufwendig herzustellende Schnittpraeparate (Kunststoff eingebettete Praeparate mit Glasmessermikrotom-Schnitttechnik) analysiert. Im einzelnen wurden folgende Ergebnisse erzielt: Der Aufbau der regulaeren Winterknospe, welche zur Knospenkategorie 2 (Gruber, 1991) zaehlt, vollzieht sich innerhalb zweier Vegetationsperioden. Es koennen sich drei Formen von Winterknospen ausbilden - die rein vegetative Winterknospe mit fuenf Bereichen (basale Zone der sterilen Knospenschuppen, weitere sterile Knospenschuppen, Kurztriebanlagen, Langtriebanlagen und terminales Knospenprimordium) - die gemischt weibliche Winterknospe, welche anstelle von Langtriebanlagen weibliche Bluetenstandanlagen besitzt, - die gemischt maennliche Knospe, welche anstelle von Kurztriebanlagen basal maennliche Bluetenanlagen traegt. Der Aufbau der Knospenanlagen und der verschiedenen Winterknospen und Proventivknospen wird anatomisch im Bild dokumentiert und beschrieben. Bei der Proventivknospe treten drei "Knospenarten" auf, die proventive Primaernadelachselknospe, die proventive Langtriebknospe und das proventiv gehaltene Kurztriebmeristem. Zu Regenerationszwecken bei Beschaedigungen und Verletzungen kann letzteres an jungen Kiefern sehr bedeutsam werden. Hinsichtlich der zeitlich bezogenen Langtriebdifferenzierungen kann Pinus densiflora 3 ontogentisch bedingte Phasen durchlaufen: ersten die vorzeitige (proleptische), zweitens die regelzeitige (regulaere) und drittens die nachzeitige (proventive) Langtriebbildung. Junge Rotkiefern zeigen ein breites Spektrum an proleptischen Triebbildungen.