Mykologische Untersuchungen an Eichenstammholz : Entwicklung eines Wirt-Parasit-Systems als Indikator für Ceratocystis fagacearum (Bretz) Hunt im Rahmen von Quarantänemaßnahmen : Dissertation, Georg-August-Universität. Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie
In der vorliegenden Arbeit wurden - im Rahmen eines von der EU geförderten Forschungsprojektes - mykologische Untersuchungen zur Entwicklung von alternativen Quarantänemaßnahmen gegen die Einschleppung des Pilzes Ceratocystis fagacearum (Bretz) Hunt, dem Erreger der in Nordamerika endemischen Eichenwelke, durchgeführt. Das derzeit übliche Quarantäneverfahren soll dabei wegen der ozonschädigenden Wirkung des verwendeten Methylbromids ersetzt werden. Im Vordergrund stand die Entwicklung eines Wirt-Parasit-Systems als Indikator für Bekämpfungsversuche gegen C. fagacearum, da mit dem originären Schaderreger aus Quarantänegründen nicht in Europa gearbeitet werden konnte. Zur Erstellung dieses Systems sollte Eichenholz künstlich mit einem geeigneten einheimischen Indikator-Pilz besiedelt werden. Im weiteren Zusammenhang sollte die natürliche endophytische Mykoflora des Stammholzes von Stiel- und Roteiche und die natürliche Wiederbesiedlung von desinfiziertem Eichenholz durch Pilze nach Quarantänemaßnahmen untersucht werden. Abschließend sollten erste grundlegende Untersuchungen über den möglichen Einsatz antagonistischer Pilzarten zum Schutz von desinfiziertem Eichenholz durchgeführt werden. Bei der Untersuchung der natürlichen Mykoflora des Stammholzes wurden aus Stieleichen 29 und aus Roteichen 25 Pilzarten isoliert und bestimmt. Diese gehörten schwerpunktmäßig zu den ökologischen Gruppen der Endophyten, Saprophyten und Ubiquisten, wobei vereinzelt auch Schwächeparasiten auftraten. Die festgestellte Mykoflora entsprach weitgehend der bisher bekannten Mykoflora von Stiel- und Roteichen und bestätigte die Tatsache, dass auch gesunde Bäume eine hohe natürliche Pilzbesiedlung aufweisen. Von besonderem mykologischen Interesse dürfte dabei der Fund einer taxonomisch und morphologisch nur schwer einzuordnen und möglicherweise bisher unbekannten Ceratocystis-Art zu werten sein, die am ehesten mit dem Ceratocystis virescens/coerulescens-Komplex in Verbindung gebracht werden kann. Im Zusammenhang mit der Quarantäneproblematik um die Splintstreifenkrankheit des Zuckerahorns in Nordamerika ist diesem Fund möglicherweise eine besondere Bedeutung zuzumessen. Hierzu wäre weitere Forschung wünschenswert. Nach in vitro- und in vivo-Versuchen zur Wachstumsgeschwindigkeit von zehn endemischen Pilzarten auf und in Eichenholz erwies sich der Ascomycet Ophiostoma quercus (Georgév.) Nannf. als der am besten geeignete Indikator-Pilz. Es handelt sich um einen weitverbreiteten Eichenbesiedler, der Eichenholz schnell und tief besiedeln kann. O. quercus konnte als sehr guter Indikator für C. fagacearum gewertet werden, da beide Pilze taxonomisch, morphologisch und ökologisch sehr eng verwandt sind. Auch in vitro- und in vivo-Vergleiche mit für C. fagacearum bekannten letalen Temperaturparametern erbrachten große Übereinstimmungen zwischen beiden Arten. Als Wirt-Parasit-System wurde eine "Laborvariante" entwickelt. Hierzu wurde Eichenholz von 30 cm Länge und 14 - 20 cm Durchmesser sterilisiert und durch Sporensuspension mit dem Indikator-Pilz beimpft. Nach einer Lagerung von 28 Tagen bei 25 °C besiedelte 0. quercus, bezogen auf die entnommenen Proben, jede Laborvariante durchschnittlich zu mehr als 70 %. Gleichzeitig wurde eine konstante radiale Eindringtiefe von mehr als 30 Millimetern in Splint- und Kernholz erzielt, was der maximalen radialen Eindringtiefe von C. fagacearum mindestens gleichzusetzen ist. Mit der Laborvariante wurde ein gut geeignetes Indikator-System entwickelt, welches die Arbeitsgrundlage zur Entwicklung alernativer Quarantänemethoden im EU-Projekt bildete. Versuche zur Erstellung eines Wirt-Parasit-Systems mit größeren Holzdimensionen unter Freilandbedingungen und im Gewächshaus scheiterten. Ausschlaggebend dafür war die starke natürliche Mykoflora des Eichenholzes, das aufgrund seiner Abmessungen vor der Etablierung des Indikator-Pilzes nicht sterilisiert werden konnte. Dabei wurden regelmäßig Mykoparasiten aus den Pilzgattungen Trichoderma und Gliocladium im Holz festgestellt. Diese Mykoparasiten dürften durch ihre starke Konkurrenzkraft eine zuverlässige Besiedlung mit dem Indikator-Pilz verhindert haben. Bei den Untersuchungen zur natürlichen Pilzsukzession von durch Dämpfung, Begasung und Gammabestrahlung desinfiziertem Eichenholz wurde festgestellt, dass unter ungünstigen Umständen eine Wiederbesiedlung durch Pilze innerhalb von wenigen Stunden möglich ist. Die schnelle Rekolonisation des Holzes durch C. fagacearum oder auch durch andere, eventuell holzschädigende Pilzarten ist somit grundsätzlich möglich. Restriktive Faktoren sind dabei vor allem die Holzfeuchte und die Temperatur. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der Arbeit das antagonistische Potential einiger Pilzarten untersucht. In Versuchen auf künstlichem Nährmedium und auf Eichenholz in vitro wurden für die Pilzarten Byssoclamys nivea Westling, Gliocladium roseum Bain., Gliocladium viride Matr., O. quercus und Trichoderma harzianum Rifai Hemm- oder Abtötungswirkung gegenüber verschiedenen Pilzarten belegt. Einige der unterdrückten Pilzarten waren mit dem Erreger der Eichenwelke taxonomisch und morphologisch eng verwandt. G. roseum, G. viride und T. harzianum bildeten auf Eichenholz die für den Abbau von pilzlichen Zellwänden bedeutenden Enzyme Chitinase und 1,3-ß-Glucanase aus. Da in diesen Versuchen nur erste Grundlagen bearbeitet wurden, wären hierzu weiterführende Untersuchungen wünschenswert. Besonders im Bereich des Antagonismus dürften noch vielfältige Möglichkeiten zum Schutz von gelagertem Holz oder auch von lebenden Pflanzen zu finden sein. Abschließend wurden Empfehlungen zur Quarantäne gegenüber C. fagacearum anhand des Kenntnisstandes diskutiert. Dabei wurde dargestellt, dass Quarantänemaßnahmen weiterhin grundsätzlich unerläßlich sind. Eine Behandlung im Winter würde einer schnellen Wiederbesiedlung des Holzes durch Schadpilze vorbeugen.