Analyse und Vorschläge zur Optimierung eines bestehenden Fahrwegnetzes als Konsequenz veränderter Holzernteverfahren am Beispiel eines süddeutschen, großen Privatwaldbetriebs : Dissertation, Georg-August-Universität. Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie
Die Konzeption, der Neubau und Ausbau von Walderschließungsnetzen ist in noch nicht bzw. nicht ausreichend erschlossenen Waldgebieten im weltweiten Maßstab bis heute die vorrangige Aufgabe der Walderschließung. Angesichts der mit Wegeneubaumaßnahmen stets verbundenen erheblichen finanziellen Investitionen und der laufenden Kostenbelastungen durch Instandhaltungsmaßnahmen wurden dabei seit jeher sowohl technische als auch wirtschaftliche Überlegungen zur Optimierung dieser Erschließungsnetze in ihrer technischen Ausgestaltung, insbesondere aber hinsichtlich ihrer Dichte, angestellt. Diese Konzepte gehen modellhaft allerdings fast ausschließlich von der Situation eines bislang noch nicht erschlossenen Waldgebietes aus und zielen darauf ab, im Wege der Minimierung der Gesamttransportkosten und unter Einbeziehung der konkreten geländemäßigen und waldbaulichen Gegebenheiten eine bestmögliche Erschließungslösung zu erzielen. In vielen intensiv bewirtschafteten Forstbetrieben Mitteleuropas sind als Folge sukzessiver Wegebaumaßnahmen im Laufe der letzten Jahrzehnte die Wegedichten kontinuierlich angewachsen. Es finden sich daher heute sehr dichte, zum Teil auch zu dichte Erschließungsnetze mit entsprechend hohen Folgekosten für die laufende Instandhaltung. Oft genügen die historisch gewachsenen Fahrwegenetze auch nicht oder nur mehr sehr eingeschränkt den technischen Anforderungen moderner Holzernte- und Transportsysteme. Schließlich bedeuten der Bau und die laufende Benutzung von Wegen im Wald immer auch eine gewisse Belastung des Ökosystems. Wegen knapper finanzieller Ressourcen und einer seit Jahren unbefriedigenden Ertragslage der Forstwirtschaft liegt es daher nahe, Fahrwegenetze, unter Berücksichtigung geänderter Ziele und Anforderungen sowie der heute und zukünftig zu erwartenden Kostenbelastungen, einer kritischen technischwirtschaftlichen Prüfung zu unterziehen. Die Wegeinstandhaltunhg ist in vielen Forstbetrieben nach der Holzernte und den Kulturen und noch vor der Bestandespflege und dem Forstschutz die drittgrößte Kostenstelle. Daher wächst bei den Forstbetrieben aller Besitzarten der Druck, auch im Bereich der Walderschließung, Kosten einzusparen. Entsprechende Konzepte setzen in der Regel lediglich bei den Wegeinstandhaltungs-Strategien an. Dabei werden Extensivierungen und auch die vorübergehende Stillegung von einzelnen Wegen diskutiert. Eine gezielte Reduzierung der Gesamtwegelänge als grundsätzlich erfolgsversprechende Möglichkeit, Instandhaltungskosten auf Dauer zu verringern, wird bislang jedoch noch selten erwogen und gilt in der Praxis weithin als unrealistisch. Theoretische Konzepte, Planungsinstrumente und praktische Beispiele für die Optimierung bestehender Fahrwegenetze sind allenfalls in Ansätzen vorhanden. In der vorliegenden Untersuchung wird daher für einen konkreten Beispielsbetrieb ein vorhandenes Fahrwegenetz im Zusammenhang mit den heute und in Zukunft absehbaren Holzernte- und Logistiksystemen analysiert, und Verfahren und konkrete Vorschläge zur Optimierung, die auch eine gezielte Ausdünnung des bestehenden Wegenetzes einschließen, erarbeitet. Dazu werden theoretische Konzepte entwickelt, entsprechende Planungsinstrumente entworfen und im konkreten Beispiel auf ihre Eignung und Leistungsfähigkeit im Praxiseinsatz hin empirisch überprüft. Für die Bearbeitung wurde als konkretes Beispiel ein größerer Privatforstbetrieb gewählt. Die internen Zielsetzungen dieses Privatwaldbetriebes können als typisch für gleichgeartete Betriebe angesehen werden und bieten zugleich die Gewähr dafür, dass die Optimierung nach eindeutigen Kriterien vorgenommen werden kann. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung sollen auch in praxisverwertbare Empfehlungen münden. Hieraus ergeben sich die Teilziele: Kennzeichnen und Beurteilen der aktuellen Erschließungssituation, Aufzeigen von Möglichkeiten der Optimierung, Ableiten von Empfehlungen. Zur Bearbeitung der umfangreichen flächenbezogenen Daten wurde ein geographisches Informationssystem (GIS) benutzt. Die Vorteile der Entwicklung und Nutzung eines DV-gestützten Verfahrens liegen nicht nur in der leichteren Bewältigung großer Datenmengen, sondern ergeben sich auch im Hinblick auf die Analyse unter Berücksichtigung der Zukunftssicherheit: Bei geänderten Voraussetzungen kann jeweils leicht abgeschätzt werden, ob und gegebenenfalls welche Auswirkungen dies auf die Erschließungssituation und das Optimierungsergebnis hat. Das Untersuchungsgebiet liegt in Süddeutschland und ist 5.472 ha groß. Die für die Untersuchung wichtigen Informationen werden eingehend analysiert, beschrieben und mit Daten anderer Betriebe verglichen. Neben der betriebsorganisatorischen Einteilung in vier Forstreviere wird das Untersuchungsgebiet in die drei wegebautechnisch unterschiedlich zu beurteilende Erschließungseinheit "Altmoräne", "Jungmoräne" und "Erosionslandschaft" eingeteilt. Im Bereich der Altmoräne wird zusätzlich noch eine rd. 1.000 ha große Sondererschließungseinheit "Erholungswald" ausgeschieden. Datenerhebung, Analyse und Optimierung mit flächenbezogenen Informationen erfolgen in einer GIS - (ARC/INFO) - Datei. Dabei wird das Ziel verfolgt, dass alle betrieblichen Daten, sofern sie in geeigneter Form vorliegen und für die Problemlösung dienlich sind, lagespezifisch Eingang in die Datenbank finden sollen. Daneben werden zusätzlich erforderliche Daten aus Waldaufnahmen erhoben und umgearbeitet. Alle erschließungsrelevanten Daten werden digitalisiert. Zur Ergänzung und Überprüfung dieser Daten wird ein spezielles Verfahren entwickelt, das über eine gespiegelte Ausgabe der kartographischen Informationen auf eine Spezialfolie eine besonders rationelle und effektive Bearbeitung erlaubt. Dieses Verfahren wird sowohl für die Ermittlung des Status quo als auch für die Optimierung des Erschließungsnetzes verwendet. Im Rahmen der Analyse werden bei der Bildung von Kennziffern Wegelänge, Wegedichte, Wegeabstand, mittlere Rückeentfernungen, Korrekturfaktoren und Erschließungsprozente hergeleitet und interpretiert. Bei der Planung des "optimalen" Erschließungsnetzes wird diejenige Lösung gesucht, die für den Forstbetrieb unter Berücksichtigung seiner individuellen betrieblichen Parameter den Zugang zu allen Waldflächen, die innerbetrieblichen Transportvorgänge, die Holzrückung und Holzabfuhr unter Beachtung der notwendigen Sicherheit und erforderlichen Geschwindigkeit, so wirtschaftlich wie möglich erlaubt. Mit der analytischen Methode wird über die Teilfunktionen Neubaukosten, Instandhaltungskosten, entfernungsabhängige Rückekosten, Zu- und Abgangskosten und Ertragsausfall durch Trassenaufhieb jeweils in Abhängigkeit der Wegedichte, die Wegedichte ermittelt, die insgesamt die geringsten Kosten (Gesamttransportkostenminimierung) ergibt. Die meisten Wege sind im Betrieb kalkulatorisch und steuerlich bereits abgeschrieben. Deshalb wird die analytische Methode alternativ insofern verändert und angepaßt, als anstelle der "theoretischen" Neubaukosten (Neuwertprinzip) nur noch die betrieblich tatsächlich zu berücksichtigenden Kosten angesetzt werden. Dies sind erstens der Restwert an Abschreibung der Wege, die jünger als 30 Jahre sind, zweitens die im Rahmen der Optimierung gegebenfalls zu erwartenden geringen Wegeneubauten und drittens die erforderlichen Grundinstandsetzungen als investitionsgleiche Maßnahmen. Im Wege der empirischen Methode werden konkrete Erschließungsvarianten geplant und miteinander verglichen. In intensiv erschlossenen bzw. übererschlossenen Bereichen werden Möglichkeiten der Extensivierung geprüft. Hierbei werden jeweils insbesondere die zukünftigen Anforderungen der mechanisierten Holzerntetechnologie und Transportlogistik an das Erschließungsnetz berücksichtigt. Die vorhandenen betriebseigenen Fahrwege sowie die geplanten neuen Fahrwege werden entsprechend ihrer zukünftigen Funktion im Erschließungssystem überprüft und einer von drei Wegekategorien zugeordnet. Fahrwege der Kategorie 1 sind Hauptfahrwege, die die Hauptlast des betrieblichen Verkehrs aufnehmen müssen. Sie müssen ganzjährig zügig mit den im Forstbetrieb üblichen Fahrzeugen und Maschinen befahren werden können. Fahrwege der Kategorie 2 sind Nebenfahrwege, bei denen ein geringerer Ausbaustandard toleriert wird. Sie müssen bei angemessener Vorsicht ganzjährig befahrbar sein. Fahrwege der Kategorie 3 sind Hilfswege, die als Fahrwege des bisherigen Erschließungsnetzes im zukünftigen Erschließungsnetz nicht mehr erforderlich sein werden. Sie können und sollen jedoch noch solange für den betrieblichen Verkehr benutzt werden, wie es ihr Zustand zuläßt. Unterhaltungsmaßnahmen sind hier nicht mehr vorgesehen. Bei der Darstellung und Beurteilung der vorhandenen Erschließung wird der Status Quo sowohl quantitativ durch Kennziffern als auch qualitativ durch Beschreibung der allgemeinen Ansprüche und des über die Waldaufnahmen festgestellten Ausbaustandards im Untersuchungsgebiet beschrieben. Insgesamt ist eine Wegedichte von 62,88 m/haH vorhanden, wobei 58,12 m/haH eigene Fahrwege sind und vom Untersuchungsgebiet unterhalten werden müssen. Revierweise betrachtet schwanken die vorhandenen Wegedichten zwischen 50 und 73 m/haH. Für die Erschließungseinheiten sind es bei der Altmoräne 64 m/haH, Jungmoräne 46 m/haH, Erosionslandschaft 63 m/haH und bei der Sondererschließungseinheit Erholungswald 72 m/haH. In diesem damit heute sehr dicht erschlossenen Untersuchungsgebiet beträgt die tatsächliche mittlere Rückeentfernung nur 90 m. Das Erschließungsprozent nach BACKMUND, das ein Maß für die Abweichung der Linienführung ein einem wirklichen Erschließungsnetz zu der theoretisch möglichen Linienführung in einem Idealmodell widerspiegelt, ergibt überwiegend und insgesamt mit 64,5 E%BACKMUND die Bewertung "ungünstig". Die Auswertung des technischen Erschließungsprozents mit den für den Betrieb festgelegten Erschließungsbandbreiten ergibt, dass 93 % der Holzbodenfläche erschlossen sind, wobei nur 35 % einfach und 58
686.31 (Ständiges Wegenetz) 663.26 (Ständige Waldstraßen und andere Transporteinrichtungen) 383.4 (Straßendecken und ihre Unterhaltung) [430] (Deutschland, 1990-)