Die Beweidung von Laubwäldern ist in Bhutan eine alte Tadition und fester Bestandteil der Landwirtschaft. Die in neuerer Zeit eingeführte staatliche forstliche Bewirtschaftung des Waldes, welche die Produktion von Holz zum Ziel hat, berücksichtigt die Beweidung nicht bzw. schliesst sie grundsätzlich aus. Ausgehend von der Erhebung von Weideschäden in Laubwäldern versucht die vorliegende Arbeit die Beweidung in die forstliche Planung zu integrieren. Dazu werden die Auswirkungen der Beweidung auf Krautvegetation, Sämlinge, Heister und Bäume untersucht. Ebenfalls miteinbezogen wurden auch die sozioökonomische Situation der Bauern und Hirten, die den Laubwald zur Beweidung nutzen. Die Inventur umfasst drei Waldgebiete mit jeweils unterschiedlich intensiver Beweidung: schwache, mittelmässige und starke Beweidung. In den Waldgebieten wurden die Gräser, Büsche, Stauden, Sämlinge, Heister und Bäume sowohl im Winter als auch im Sommer untersucht. In allen drei Gebieten dominierten im Sommer die für die Tiere essbaren Krautpflanzen. Im Winter reduzierte sich die Anzahl der Krautpflanzen drastisch durch Beweidung und Wintertrocknis. Ebenfalls nahm der Anteil an essbaren Büschen und Stauden im Beobachtungszeitraum zugunsten der ungeniessbaren ab. Im schwach beweideten Gebiet war die Anzahl der Sämlinge und Heister am grössten, vor den mittelmässig und stark beweideten Gebieten. Die Sämlinge und Heister der Pionierbaumarten dominierten auf allen Flächen, während die Klimaxbaumarten bloss einen kleinen Teil ausmachten. Die Anzahl der durch Beweidung beschädigten Sämlinge und Heister folgten dem gleichen Trend. Ebenso waren die Schäden an Sämlingen und Heistern im Winter grösser als im Sommer. In allen drei Gebieten hat die Anzahl der Bäume übers Jahr abgenommen. Davon waren die Bäume der mittleren Durchmesserklasse (10-30cm) besonders stark betroffen. Im stark beweideten Gebiet der Vorrat betrug bloss 125 mßha-1. Die Pionierbaumarten dominieren die unteren Durchmesserklassen und die Klimaxbaumarten die oberen. Auf letztere entfällt auch der Hauptanteil des Volumenzuwachses. In allen Gebieten wurden die Bäume zwecks Futtergewinnung geschneitelt, wobei die Intensität auf den stark beweideten Flächen höher war, und die Bäume der Mittelschicht besonders stark betroffen waren. Die sozio-ökonomischen Untersuchungen ergaben, dass die Bauern und Hirten wenig Land besitzen, dafür aber Weiderechte über grosse Gebiete in den Tsamdrogs (speziell für Beweidung ausgeschiedene Waldteile) haben. Sie leben im wesentlichen von der Milchwirtschaft. Sie halten auch eine grosse Anzahl Tiere, die ihnen wenig oder kleinen Nutzen bringen. Der Lebensstil der Hirten hat sich in letzter Zeit gewandelt, so dass sie nicht mehr wie früher im Sommer nordwärts ziehen. Dies hatte zur Folge, dass der Druck auf den Wald zwecks Viehfuttergewinnung im Untersuchungsgebiet zunahm. Zudem waren die Bauern und Hirten über die Einführung einer auf Holzproduktion ausgerichteten Forstwirtschaft in den Tsamdrogs verärgert. Der Wald stellt für sie in erster Linie ein Viehfutter- und Brennholzreservat dar. Dieser Umstand wurde in der forstlichen Planung bisher nicht berücksichtigt, da die lokale Bevölkerung nicht am Planungsprozess beteiligt wurde. Aufbauend auf diesen Analysen wird in der Arbeit eine zweistufige forstliche Planung vorgeschlagen und diskutiert, welche die Beweidung miteinbezieht. Die übergeordnete Stufe regelt die forstliche Nutzung auf regionaler Ebene, während auf der kommunalen Planungsstufe die lokalen Bedürfnisse berücksichtigt werden. Damit bietet dieses zweistufige Planungssystem ein Gerüst für die Koordination und Umsetzung der forstlichen Planung unter Einbezug der Konfliktbewältigung zwischen allen Anspruchsgruppen, inklusive der lokalen Bevölkerung.