Die systematische Klassifizierung der Gattung Potentilla bereitet noch immer aufgrund des auftretenden Polymorphismus größere Schwierigkeiten. Dies ist auf die komplexen Reproduktionsmodi, in dieser Gattung vorherrschend, zurückzuführen. Hybridisierung in Kombination mit Allopolyploidisierung macht es schwierig die einzelnen Arten der Gattung voneinander abzugrenzen und sie taxonomisch zu gliedern. Frühere molekulare Arbeiten auf diesem Gebiet ergaben, dass die Gattung ihren geographischen Ursprungs in Asien hat [14]. Durch anschließende Wanderungen war es den Arten möglich, sich auf der ganzen nördlichen Halbkugel auszubreiten und ihre heutige Verbreitung zu erlangen.
In dieser Diplomarbeit wurde die Phylogenie ausgesuchter Arten der Gattung Potentilla untersucht und deren Biogeographie auf Basis eines molekularen Plastiden- Markers rekonstruiert. Es wurden 30 verschiedene Potentilla-Arten analysiert. Von insgesamt 493 Pflanzenindividuen wurde die Plastidenregion zwischen dem trnC-Gen und dem ycf6-Gen (trnC-ycf6 IGS) amplifiziert und anschließend sequenziert. Dieser Marker ist ein „intergenic spacer“, welcher nicht transkribiert wird. Die Plastidenregion erwies sich in Voruntersuchungen (Juraj Paule & Christoph Dobeš unpubl) als besonders variabel und wurde deshalb als Marker gewählt. Die Sequenzlänge dieses Markers ist hoch und liegt bei Potentillen ungefähr in der Größenordnung von 800 Basenpaaren. Große Länge und hohe Mutationsvariabilität ergaben 54 variable Sequenzpositionen. Anhand der erhaltenen Daten konnte die Phylogenie der analysierten Arten untersucht werden. Die Ergebnisse zeigten einen außergewöhnlichen hohen Grad von plastid sharing (das Auftreten von Sequenzvarianten in mehr als einer Art) und nur eine eingeschränkte Anzahl Art-spezifischer Haplotypen. Dieser Befund spricht für einen rezenten Ursprung der untersuchten Arten, wie er auch in einer früheren phylogenetischen Analyse der Gesamtgattung und Verwandter postuliert wurde. Die taxonomische Verteilung der Haplotypen kann mit lineage sorting erklärt werden. Alternativ kann Hybridisierung zu dem beobachten Muster beigetragen haben. Zur Klärung dieser Frage sollen außerhalb der Diplomarbeit bereits erstellte molekulare Daten aus dem Kerngenom beitragen. Weiters wurde die geographische Verbreitung der genetischen Diversitäten von Arten mit einer Mindestanzahl von zehn Populationen untersucht. Die Interpretation kann aufgrund des eingeschränkten Samplings nur tentativ vorgenommen. Die Daten weisen jedoch auf ein Refugialgebiet von P. incana auf der Balkanhalbinsel hin. Interessanterweise dürfte das klassische Refugialgebiet Apennin von dieser Art erst in jüngerer Zeit besiedelt worden sein. Ein ähnliches, dem klassischen Fall widersprechendes Szenario, zeichnete sich für die Vorkommen von P. neumanniana auf der Iberischen Halbinsel sowie wieder für den Apennin und P. crantzii ab. Die Plastidendaten alleine können jedoch nach den bisherigen Ergebnissen nur einen geringen Beitrag zur Phylogenie und Hybridgenese der Arten liefern. Die beobachtete innerartliche Plastidendiversität spricht hingegen für eine gute Eignung des gewählten Markers für populationsgenetische Analysen und somit für biogeographische Untersuchungen. Die genetischen Populationsdiversitäten schwankten in weiten Bereichen. Theoretisch bemerkenswert, doch den praktischen Befunden früherer Arbeiten entsprechend, wiesen auch die Apomikten in nacheiszeitlich rekolonisierten Gebieten hohe Diversitäten auf. Schlagworte: Potentilla / Populationsgenetik / Hybridisierung / genetische Diversität The systematic classification of the genus Potentilla was the subject of extensive research in the past. Difficulties occurring in the classifications can be explained by hybridization in combination with allopolyploidisation and the complex mode of reproduction. In this work 30 different Potentilla species were investigated using plastid DNA-sequence variation. The region between the trnC-gene and the ycf6-gene (trnC-ycf6 IGS) was used as an universally applied marker region. Eighty-four haplotypes were identified among 501 individuals representing 30 species. Based on these sequences a phylogeny was reconstructed. The studied species showed both on the level of haplotypes and of phylogenetic lineages high degrees of plastid sharing (27 haplotypes were shared among at least two species). The pattern was explained in accordance with an earlier tribe-wide phylogenetic analysis by a recent origin of the investigated taxa and associated lineage sorting from an ancestral gene pool. The pattern alternatively may have been caused or enhanced, respectively, by hybridization. The geography of population diversities was analysed in more detail for the trnC-ycf6 IGS for four selected sexual and apomictic Potentilla species each studied for ten populations at least. The limited sampling yet does not allow developing explicit phylogeographic hypotheses. However, the data tentatively suggested a glacial refugium on the Balcans for P. incana and invasion of the Apennin by this species. Analagous non-classical recolonization scenaria are supposed for the colonization of the Iberian Peninsula by P. neumanniana and of the Apennin by P. crantzii. Gene diversities varied within wide ranges among as well as usually within species. Interestingly high diversities were found for apomictic taxa in formerly glaciated areas.