Eine unerwartete neue Deutung der Klima- und Vegetationsgeschichte des mitteleuropäischen Spätglazials (Zerfall der alpinen Eiskalotte und erste Waldausbreitung in den südöstlichen Alpen bereits im ausklingenden Pleniglazial)
Vorliegende Studie vergleicht die pollenanalytischen Untersuchungsergebnisse im Seebachtal bei Mallnitz, Hohe Tauern, mit jenen von Görtschach im Gailtal, soweit diese die spätwürmzeitliche (ausgehendes Pleniglazial und Spätglazial) Entwicklung des Klimas und der Vegetation betreffen. Der Vergleich erfolgt anhand der so genannten "Hauptdiagramme". Das Gesamtdiagramm "Stappitzer See" ist bereits in Fritz & Ucik (2001) publiziert, jenes von Görtschach wird in eienr gesonderen Veröffentlichung vorgelegt. Die neuen, völlig unkonventionellen Erkenntnisse, die in beiden Diagrammen übereinstimmend zum Ausdruck kommen, gehen darauf zurück, dass die fossile Pollenüberlieferung infolge der mächtigen Sedimentserien wesentlich weiter in die Vergangenheit zurückreicht als bei den bisher untersuchten Mooren und Seen. Daraus wird ersichtlich, dass es vor der spätglazialen Pollenzone Ia, also noch im ausgehenden Pleniglazial, so günstige klimatische Bedingungen gab, dass bereits zu dieser frühen Zeit eine erste Zuwanderung von Gehölzen (Fichte, Kiefer, Lärche, Erle) nach Kärnten bis in die Hohen Tauern möglich war. Überraschend ist weiters die hohe Präsenz der Fichte im Gailtal, welches sich im Spätglazial als permanentes Gehölzrefugium, zumindest für die Kiefer, erweist. Nach diesen neuen Erfahrungen begann der Zerfall des würmglazialen Eisstromnetzes in Kärnten nicht nur sehr früh, sondern war schon vor der Pollenzone Ia beendet. Es ist daher zumindest für den südöstlichen Alpenraum nicht mehr möglich, das Spätglazial, das mit eienr neuerlich kräftigen Klimaverschlechterung einsetzte, als Abschmelzbeginn der Würmvergletscherung anzusprechen.