Beiträge zur physiologischen Analyse des Höhenzuwachses von verschiedenen Fichtenklonen entlang eines Höhenprofils im Wipptal (Tirol) und in Klimakammern. Dissertation
Im Sommer 1973 wurden 2-3jährige Stecklingspflanzen von 51 Fichtenklonen in 4 Höhenstufen (850 m, 1250 m, 1600 m und 1900 m) ausgepflanzt. Im Sommer 1975 wurde eine weitere Versuchsfläche im Pflanzgarten Flaurling (700 m) angelegt. In den Vegetationsperioden 1975 und 1976 wurden die phänologischen Entwicklungsphasen erfasst und der Zuwachs dieser Pflanzen gemessen. Der Austriebszeitpunkt aller Klone hing auf den einzelnen Flächen von der Höhe des Standortes und den Witterungsverhältnissen im FrühJahr ab, war aber mit dem Austriebsverhalten der 17-jährigen Ausgangsbäume auf allen Flächen und in beiden Jahren streng korreliert. Frühtreiber trieben in allen Höhenstufen und in beiden Jahren früh, Spättreiber spät aus. Das Merkmal Austrieb ist als genetisch fest verankert anzusehen. Zwischen dem jährlichen Höhenzuwachs der Stecklingspflanzen auf den verschiedenen Versuchsflächen und der Gesamthöhe der Ausgangsbäume im Alter von 6, 12 und 17 Jahren gab es in den meisten Fällen keinen Zusammenhang. Eine schwache Beziehung gab es im Jahr nach der Auspflanzung auf der Fläche 5 in 700 m SH. Das bedeutet, dass sich die Wüchsigkeit bei den Stecklingspflanzen im Vergleich zu den Mutterbäumen geändert hat. Eine hochsignifikante Korrelation bestand zwischen den Merkmalen Austrieb und Höhenzuwachs, wonach Frühtreiber bis 1600 m SH schlechtere Zuwächse erreichten als Spättreiber, in 1900 m SH wiesen jedoch die Frühtreiber signifikant höhere Zuwächse auf. Der größte mittlere Gesamtzuwachs wurde auf der Fläche 2 in 1250 m SH, der geringste auf der Fläche 4 in 1900 m SH erreicht. Das Ansetzen der Endknospen und der Zeitpunkt des Wachstumsabschlusses werden nicht primär endogen gesteuert, sondern sie hängen auch mit dem Vegetationsablauf des Vorjahres, der für die Knospenbildung und damit für die Ausbildung des folgenden Jahrestriebes verantwortlich ist, zusammen. Die Wachstumsintensität nahm mit steigender Seehöhe als Folge der ungünstiger werdenden Temperaturverhältnisse sehr stark ab. Die höchsten mittleren Zuwachsraten zeigten die Spättreiber, bei der Sortierung nach Herkunft die Tieflagen. Der jährliche Zuwachs hängt vor allem von der Witterung im Vorjahr ab. Zusätzlich wurden im Jahr 1976 7 verschiedene Fichtenklone in Klimakammern bei konstanten Temperaturen von 18, 12 und 6° C auf ihre Entwicklung und den Höhenzuwachs getestet. Dabei zeigte sich, dass der Austriebszeitpunkt stark vom Temperaturangebot abhing. Bei 6° C wurde der Austrieb umso mehr verzögert, je später ein Klon bei 18 und 12° C ausgetrieben hatte. Das Merkmal Früh- oder Spättreiber wurde unter allen Temperaturbedingungen beibehalten. Frühtreiber erreichten bei 12° C den besseren Gesamtzuwachs als bei 18° C, Spättreiber gediehen in der Kammer mit 18° C am besten. Die Spättreiber hatten ein höheres Wärmebedürfnis als Frühtreiber. Mit abnehmender Temperatur nahm die mittlere Wachstumsintensität stark ab, aber die mittlere Streckungsdauer nahm sehr stark zu. Temperaturveränderungen zu verschiedenen Zeitpunkten der Entwicklung der Pflanzen beeinflußten das Wachstum unterschliedlich. Ein kurzer Kälteschock von 0° C längere Zeit vor dem Knospenplatzen förderte nicht nur den Austrieb, sondern stimulierte auch das Höhenwachstum. Ein Kälteschock kurz vor oder während des Austreibens verzögerte die Weiterentwicklung genauso wie eine länger andauernde Temperaturreduzierung knapp vor dem Austrieb, aber beeinflußte den Gesamtzuwachs nicht. Der Wechsel zwischen Tag- und Nachttemperatur hatte für Fichtenstecklinge keine nennenswerte Bedeutung. Um einen optimalen Höhenzuwachs zu erreichen, muß es nur ungefähr 3 Wochen lang warm sein. Für dauernde optimale Zuwachsleistung ist allerdings eine längere warme Periode erforderlich, weil auch die Anlage der Nadeln in der Endknospe, die für die Länge des Höhentriebes des nächsten Jahres maßgebend ist, eine bestimmte Wärmesumme erfordert (mündl. Mitt. Unterholzner). Querschnitte durch Seitenzweige 1. Ordnung an verschiedenen 4-5jährigen Fichtenstecklingen zeigten, dass der Beginn der Kambiumtätigkeit, so wie der Austrieb, temperaturabhängig ist. Die Kambiumaktivität setzte sowohl in 700 als auch in 1900 m SH vor der Knospenentfaltung ein. Der Beginn der Früh- und Spätholzbildung war von der Höhenlage abhängig. Der Übergang von der Früh- zur Spätholzbildung setzte in Flaurling und am Patscherkofel kurze Zeit nach Beendigung des Höhenwachstums ein. In 700 m SH endete die Jahrringbildung Ende August, an der Waldgrenze Mitte September. Die um einen Monat kürzere Dauer des Dickenwachstums am Patscherkofel beruhte größtenteils auf der Verzögerung des Wachstumsbeginnes. An 9 dreijährigen eingetopften Fichtenklonen verschiedener Herkunft und verschiedenen Austriebsverhaltens wurde bei konstanten Bedingungen in einem Windkanal ein Austrocknungsversuch durchgeführt, nachdem die Hälfte der Pflanzen von jedem Klon 1 Jahr vor den Messungen an der Waldgrenze ausgesetzt worden war, die andere Hälfte blieb in 700 m SH. Der Versuch hat gezeigt, dass die Höhe der cuticulären Transpiration und die Austrocknungsgeschwindigkeit der letztjährigen Triebe bei allen Klonen von der Länge der Vegetationsperiode abhing. Die an der Waldgrenze ausgesetzten Stecklinge transpirierten im Mittel 3,5 mal mehr als Pflanzen derselben Klone aus dem Talboden in 700 m SH. Vor allem bei den Waldgrenzen-Pflanzen traten zwischen den einzelnen Klonen beachtliche Unterschiede in der Austrocknungsgeschwindigkeit auf. Das bedeutet, dass nicht alle Klone gleichgut ausgereift waren, aber dass es vermutlich auch Unterschiede in der chemisch-qualitativen Zusammensetzung der Abschlussgewebe zwischen den Klonen geben dürfte. Der Jahresgang des Photosynthesevermögens wurde an 5 dreijährigen Klonen verschiedener Herkunft und Wüchsigkeit unter konstanten Laborbedingungen gemessen. Mit dem Auftreten stärkerer Fröste wurde die CO2-Aufnahme bei allen Klonen stark herabgesetzt, wegen des milden Winters kam es aber nicht zu einer völligen Blockierung der Photosynthese. Nach einem Frühjahrsanstieg ließ das Photosynthesevermögen unmittelbar vor oder nach dem Austrieb infolge erhöhter Atmungsintensität wieder etwas nach. Mit der Ausreifung der Neutriebe stieg die CO2-Aufnahme bei allen Klonen an. Der Versuch verdeutlichte, dass es labile und stabile Typen gibt. Erstere reagierten auf Klimaschwankungen rasch und konnten auch warme Wintertage für die Stoffproduktion besser nützen, während die stabileren Typen nur langsam aus ihrer Winterruhe gebracht werden können. Ferner stellte sich heraus, dass starkwüchsige Klone ein geringeres Photosynthesevermögen besitzen als schwachwüchsige. Für die Messungen der Temperaturabhängigkeit der Photosynthese wurde die Hälfte der Pflanzen von 7 Klonen in Flaurling belassen, die andere Hälfte wurde 2,5 Monate vor der 1. Messserie auf dem Patscherkofel ausgesetzt. Das Photosynthesevermögen der Patscherkofel-Pflanzen war im Mittel um 25,7 % niedriger als jenes der Flaurlinger-Pflanzen. Die größere Reduktion der Nettophotosynthese erlitten im allgemeinen die Tieflagenklone, die Hochlagenherkünfte konnten sich an die kühleren Temperaturverhältnisse an der Waldgrenze offensichtlich besser anpassen. Das bedeutet, dass der CO2-Gaswechsel bei Fichtenstecklinspflanzen wohl stark von den Umweltbedingungen am Standort abhängt, dass aber die Anpassung des CO2-Gaswechsels an die Umweltbedingungen durch genetische Anlagen in der Herkunft der Klone gesteuert wird. Die Temperaturoptimumbereiche, bei denen die Nettophotosynthese mehr als 90 % ihrer Höchstleistung liefert, schwankten zwischen den Klonen teilweise recht erheblich. Hochlagenklone waren vor allem im tieferen Temperaturbereich Tieflagenklonen überlegen. Zwischen der Atmungsintensität oder der Ökonomie der Photosynthese (Bruttophotosynthese/Respiration) und der Wüchsigkeit der 3-jährigen Stecklingspflanzen gab es keine Beziehung.