Die Erholungskompetenz der Forstwirtschaft in Österreich : Die Interessen politisch relevanter Akteure in bezug auf Erholung im Wald und ihre Einstellungen zur Forstwirtschaft als Anbieter von Erholungsleistungen : Dissertation, Universität für Bodenkultur
Gesellschaftspolitische Veränderungen konfrontieren die Forstwirtschaft mit der Tatsache, daß neben klassischen Formen der Erholungsnutzung des Waldes neue erlebnisorientierte Freizeitaktivitäten als Ansprüche an den Wald gestellt werden. Möchte man diese vielfältige Nachfrage ökonomisch nutzen, kann gezeigt werden, daß es trotz des legistisch festgeschriebenen allgemeinen Betretungsrechtes des Waldes zu Erholungszwecken möglich wäre, Einnahmen aus dem Bereich Erholung zu erzielen. Das Schlüsselkonzept dazu ist das der Klubgüter, mit dem es möglich wird, für einen definierten Teil des öffentlichen Gutes Walderholung Ausschließbarkeit und somit auch potentielle Vermarktbarkeit herzustellen. Untrennbar damit verbunden sind aber Produktdefinition und -gestaltung in Form von Erzeugung von Zusatznutzen zu positiven externen Effekten der Forstwirtschaft. Aus politikwissenschaftlichen Sicht ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, diese theoretisch-ökonomischen Erkenntnisse in politisches Handeln umzusetzen. Sowohl staatliche als auch marktwirtschaftliche Instrumente können im Prinzip für eine Regelung der Erholungsfrage wirksam werden. Die derzeitigen in der österreichischen Forstwirtschaft angewandten Instrumente im Bereich Erholung beschränken sich allerdings im wesentlichen auf rechtliche Regelungen. Diesbezüglich ist somit ein Entwicklungspotential zu konstatieren, das, abhängig von normativ gesellschaftlichen Interessen sowohl Markt- als auch Staatslösungen (bzw. Instrumentenkombinationen) ermöglicht. Aufbauend auf diesen Überlegungen wurde eine politische Situationsanalyse in Form von 27 Experteninterviews durchgeführt. Befragt wurden Interessenvertreter des Tourismus, des Naturschutzes und der Forstwirtschaft sowie Vertreter der Bürokratie und der politischen Parteien. Es wurden sowohl Einstellungen, Erwartungen und Forderungen bezüglich Forstwirtschaft und Erholung als auch Erholungsinteressen der jeweiligen Akteure überprüft. Weiters wurden die Möglichkeiten, Erholung marktwirtschaftlich anzubieten, die Einflüsse und Durchsetzungschancen im Politikfeld sowie Zukunftsperspektiven für den Bereich Forstwirtschaft und Erholung untersucht. Die Ergebnisse zeigen, daß sich die Meinungen bezüglich Vertrauen und Akzeptanz bzw. der Erwartungen im Erholungsbereich wesentlich unterscheiden. Die Interessenvertreter der Forstwirtschaft stehen in diesen Fragen einem nach Fachinteressen differenzierten Spektrum an gesellschaftlichen Gruppen gegenüber, die eine teilweise sehr skeptische Haltung gegenüber der FW einnehmen. Mit anderen Worten: Die diesbezüglichen aktuellen Vertrauensdefizite sind groß. Vor allem die Frage des Radfahrens auf Forststraßen ist der politisch brisanteste und auch meist genannte Konflikt im Bereich der Erholungsnutzung des Waldes. Die Kommunikation, insbesondere zwischen Forstwirtschaft und Tourismus, gestaltet sich diesbezüglich nach wie vor schwierig. Es existiert allerdings bei allen befragten Gruppen eine eindeutige Zahlungsbereitschaft für erkennbare Leistungen bzw. Produkte für den Erholungs- und Freizeitbereich. Diesbezüglich wird auch mehrheitlich ein marktwirtschaftlich orientierter Regelungsmechanismus begrüßt. Auch wenn die Kompetenz der FW in Erholungsfragen aktuell angezweifelt wird, besteht für sie bei adäquatem unternehmerischen Eingehen auf gesellschaftliche Ansprüche eine große Chance. Dies deshalb, weil ihr im Gegensatz zur aktuellen Skepsis mehrheitlich eine potentiell wichtige Rolle für die Zukunft zuerkannt wird.