The role of changes in regeneration dynamics for tree species composition and diameter structure in forests. : Dissertation, Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich
Aufgrund des hohen Lebensalters vieler Baumarten können sich Wälder in der Regel nur über lange Zeiträume hinweg mittels Sukzession an Änderungen in Umweltbedingungen anpassen. Wie im einleitenden Teil 1 dieser Dissertation erläutert, kommt der Baumverjüngung in Wäldern daher eine besondere Rolle in der Waldentwicklung zu. Infolge von Faktoren wie einer starken räumlichen Heterogenität und einer grossen Anzahl von Keimlingen, die eine regelmässige Aufnahme erschweren, sind Daten zur Etablierung und Entwicklung der Baumverjüngung nur ungenügend vorhanden. Zunehmende Störungen der Baumverjüngung, verursacht zum Beispiel durch Insekten und insbesondere durch Ungulaten, werden als Auslöser für Veränderungen in der Artenzusammensetzung und der Durchmesser-struktur in Wäldern angenommen. Um den Einfluss von Änderungen in der Verjüngungsdynamik über den Zeitraum der Waldsukzession, d.h. Jahrzehnte bis Jahrhunderte, zu untersuchen, sind Simulationsmodelle nötig. Das übergeordnete Ziel dieser Arbeit war es, zu einem besseren Verständnis der Einflüsse von Veränderungen in der Baumverjüngung auf die langfristige Waldentwicklung beizutragen.
In Teil 2 dieser Arbeit wurde das Verhalten dreier Waldsukzessionsmodelle, d.h. zwei Versionen von FORCLIM (v2.9.1 und v2.9.3) sowie PICUS v1.4.1, bezüglich der Simulation von Stammzahlen in unteren Durchmesserklassen in vorherrschenden Waldtypen in den Schweizer Alpen basierend auf Nationalen Waldinventurdaten untersucht. Die Modelle hatten klare Schwächen, die Muster der Sukzession und Stammzahlen der unteren Duchmesserklassen zu repräsentieren. Die Ergebnisse wiesen stark daraufhin, dass die Waldstruktur unreichend realistisch simuliert war, um den Einfluss von Verbisseffekten durch Ungulaten auf die langfristige Waldentwicklung zu untersuchen (Teil 2.A). Unter Einbezug von Simulationen von Beständen aus Ertragskundlichen Flächen, konnte die Überschätzung der Blattfläche im Modell FORCLIM eindeutig als Ursache der Unterschätzung der Stammzahlen in den unteren Durchmesserklassen bestimmt werden (Teil 2.B).
Basierend auf den gewonnenen Kenntnissen verbesserte ich FORCLIM in Teil 3. Die Erkenntnisse von Wehrli et al. (2007) dienten als Grundlage, um die statische Beziehungen zwischen Baumdurchmesser und Blattfläche aus früheren Modellversionen durch dynamische Rückkopplungen zwischen a) Lichtverfügbarkeit und Blattfläche eines Baumes, und b) Blattfläche eines Baumes und Durchmesserwachstum zu ersetzen, um den Prozess der Ästung in realen Beständen zu repräsentieren. Die Evaluierung der neuen Modellversion FORCLIM v2.9.5 basierend auf Ertragskundlichen Daten und der potentiellen natürlichen Vegetation war ermutigend und rechtfertigte eine Modellanwendung, um Änderungen in der Formulierung von Verjüngungsprozessen auf die langfristige Waldentwicklung zu untersuchen.
Der Verbiss ist ein viel beobachteter Prozess, der die Baumverjüngung durch Änderungen in der Etablierung und dem Wachstum stark beeinflusst. In Teil 4 wurde das Waldsukzessionsmodell FORCLIM v2.9.5 verwendet, um die Auswirkungen von drei durch Wildverbiss bedingten Mechanismen zu untersuchen: a) zeitliche Schwankungen in Ungulatenbeständen und daher in der Verbissintensität; b) Änderungen in der Bedeutung von Wildverbiss als limitierender Faktor relativ zu anderen Umwelteinflüssen, d.h. der Anteil von Jahren in denen Wildverbiss der limitierende Faktor für die Verjüngung ist; c) Änderungen in der durch Verbiss verursachten Unterdrückung des Wachstums von Baumverjüngung und dadurch bedingten Schwankungen im Einwuchs von langsam- und schnell-wüchsigen Baumarten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Auswirkungen von Wildverbiss standortabhängig sind und dass zeitliche Schwankungen in Verbissintensität in bestimmten Fällen geeigneter sind, das Vorkommen von Baumarten, die sensitiv auf Verbiss reagieren, zu sichern, als Ansätze mit konstant gehaltenen Tierbeständen.
In Teil 5 wurden die gemeinsamen Effekte von Wildverbiss und Klimawandel beurteilt. Dazu wurde in FORCLIM die Beziehung zwischen Verbissintensität und der verbissbedingten Mortalität von Keimlingen verbessert, und die Baumarten-spezifische Anfälligkeit auf Verbiss überarbeitet (cf. Appendix III). In Simulationen mit der neuen Modelversion 2.9.6 entlang von Höhengradienten in drei verschiedenen Klimaregionen in der Schweiz wurden Fragestellungen untersucht hinsichtlich a) Höhenverschiebungen in der Verbreitung von Baumarten infolge Klimawandels; b) die Auswirkungen auf die Artenzusammensetzung; und c) die gemeinsamen Auswirkungen von Wildverbiss und Klimawandel. Der Temperaturanstieg verursachte eine Verschiebung des Verbreitungsgebiets von Baumarten bergauf. Die Unterschiede in der Reaktion von Baumarten führten zu einer Änderung in der Zusammensetzung der dominanten Baumarten und zu neuen Waldtypen. Erhöhte Verbissintensität hatte Änderungen in der Baumartenzusammensetzung und ein Rückgang der Grundfläche zur Folge. Klimawandel kompensierte zum Teil für den verbissbedingten Rückgang in der Grundfläche, die Zusammenwirkungen der beiden Prozesse auf die Zusammensetzung der dominanten Baumarten war nicht additiv.
Insgesamt hat diese Dissertation neue Erkenntnisse zur Entwicklung von Wäldern infolge von Änderungen in der Verjüngung gebracht. Diese Erkenntnisse wurden in der Synthese (Teil 6) diskutiert. Die Untersuchung der Auswirkungen zeitlicher Schwankungen in Ungulatenbeständen, und folglich der Verbissintensität, auf die langfristige Waldentwicklung hat gezeigt, dass ein Überdenken von Wildtiermanagement berechtigt ist. Darüber hinaus, hat diese Arbeit zur Entwicklung und Verbesserung von Waldsukzessionsmodellen, die wichtige Werkzeuge für die grundlegende und angewandte Forschung darstellen, beigetragen.