Ausgangspunkt der vorliegenden Studie war die Notwendigkeit der Sanierung von mit leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen belastetem Untergrund. Da die Analyse einer Vielzahl von kontaminierten Grundwässern und Boden bereits Hinweise auf mikrobielle Umsetzungen dieser Substanzgruppe erbracht hat, war es das Ziel der Arbeit, eine zusammenfassende Darstellung über den Kenntnisstand der Abbau- und Transformationsmechanismen von halogenierten Kohlenwasserstoffen zu liefern. Das Wissen um die Bedingungen für diese Umsetzungen ist die Voraussetzung für den Einsatz mikrobiologischer Sanierungsverfahren bei entsprechenden Untergrundkontaminationen. Das Gebiet der mikrobiellen Transformation oder des Totalabbaus wurde im Verlauf der letzten zehn Jahre von mehreren Gruppen eingehend untersucht; die daraus hervorgegangenen Erkenntnisse werden in dieser Studie vorgestellt (Stand Juli 1989). Um die Umsetzungen im Boden- und Grundwasserbereich besser verstehen zu können, war es erforderlich, neben allen möglichen biologischen Veränderungen auch die abiotischen Vorgänge in die Betrachtung mit einzubeziehen. Obwohl dadurch der Umfang der Studie vcrgrößert wurde, ist es nur so möglich, das Geschehen im Grundwasserbereich besser zu beurteilen. VOGEL et al. (1987) haben die bisher bekannten vielfältigen Reaktionsmechanismen zusammengefaßt, welche zur besseren Übersicht in Abbildung 9.1 aufgelistet sind. Den Ausführungen dieser Autoren folgend kann man die Transformationen halogenierter aliphatischer Verbindungen drei Systemen zuordnen (abiotische Transformation, Transformationen in Säugetieren und durch Mikroorganismen), die einander in ihren Reaktionsmechanismen ähnlich sind; es bestehen jedoch auch Unterschiede, die in der Studie herausgestellt werden. Jedes der genannten Systeme kann in zwei Klassen eingeteilt werden, nämlich in Reaktionen, die einen externen Elektronentransfer benötigen (Oxidationen und Reduktionen) und solche, bei denen dies nicht erforderlich ist (Substitutionen und Dehydrohalogenierungen). Einige halogenierte Kohlenwasserstoffe können mikrobiell als Kohlenstoff- und Energiequelle verwertet werden. Ein Beispiel hierfür ist Dichlormethan, welches im Abwasserbereich bei hohen Konzentrationen erstaunliche Umsatzraten bis 1,6 g/l/h erreicht. Als weiteres Beispiel kann Vinylchlorid genannt werden, bei dem die Abbauraten allerdings wesentlich geringer sind. Die Affinität der Mikroorganismen zu Haloalkanen reicht aber nicht aus, um Spurenkonzentrationen dieser Verbindungen, wie sie im Grundwasser üblicherweise auftreten, zu verändern. Einige Bakterienarten sind in der Lage, halogenierte Kohlenwasserstoffe in Anwesenheit von Methan-Monooxygenase unter aeroben Bedingungen zu dechlorieren, andere wiederum sind ausschließlich anaerob zur reduktiven Dehalogenierung befähigt. Beide Systeme erfordern aber prinzipiell die Verwertung einer zusätzlichen Kohlenstoff- und Energiequelle als Primärsubstrat für das eigentliche Wachstum der Mikroorganismen. Die unter diesen Bedingungen gemessenen Abbauraten sind wesentlich geringer. Die Auswertung der Literatur verdeutlicht, daß der gegenwärtige Wissensstand über mikrobielle Transformationen im Untergrund noch sehr lückenhaft ist und weitere Forschungen auf diesem Gebiet unumgänglich sind. Aus diesem Grunde ist eine praxisbezogene Anwendung der mikrobiellen Transformations- und Abbauprozesse für eine Schadstoffbeseitigung, sei es in-situ oder on-site, noch nicht in Sicht. Erste Ansätze, die von ROBERTS et al. (1989a) veröffentlicht wurden, zeigten gewisse Erfolge im Rahmen einer Freilandstudie, bei der die Fähigkeit methylotropher Bakterien zum Abbau von chlorierten Aliphaten ausgenutzt wurde. Es ergibt sich, daß zu diesem Themenkomplex sowohl grundlegende Laborexperimente durchzuführen sind, als auch in halbtechnischen und bilanzierfähigen Feldversuchen die Möglichkeiten und Grenzen des mikrobiellen Abbaus dieser Substanzgruppe erprobt werden müssen. Im Vordergrund der Überlegungen soll aber immer die vollständige Mineralisierung und nicht nur die Biotransformation stehen, die unter Umständen zur Anhäufung von unerwünschten Metaboliten führen kann. Ergänzt wird die Studie durch eine kritische Betrachtung über den Einsatz von genetisch manipulierten Mikroorganismen auf diesem Gebiet.