Die Initialphase der Vegetationsentwicklung nach Windwurf in Buchen-Wäldern auf Zechstein- und Buntsandstein-Standorten des südwestlichen Harzvorlandes : Dissertation, Georg-August-Universität Göttingen, Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultäten
In den Jahren 1998-2001 wurden im südwestlichen Harzvorland in windgeworfenen Buchen-Wäldern auf Zechstein und auf Unterem Buntsandstein vegetationsökologische und gehölzkundliche Erhebungen auf Dauerflächen durchgeführt, um die Sukzessionsdynamik und Regeneration dieser Waldökosysteme nach dem lokalen Orkan von 1997 in Abhängigkeit von Standort, ehemaliger Nutzungsgeschichte, aktueller forstlicher (Nicht-)Behandlung und Störungsflächengröße zu studieren. Die untersuchten Bestände lassen sich grob in basenreich-flachgründige (Gips/Dolomit, Rendzina, Carici-Fagetum), basenreich-tiefgründige (Dolomit, Rendzina-Braunerde, Hordelymo-Fagetum) und basenärmere Standorte (Buntsandstein, lössüberdeckte Braun- oder Parabraunerde, Galio odorati-, Luzulo-Fagetum) einteilen.
Gemeinsamkeiten zwischen den Varianten ergaben sich hinsichtlich der über die ersten vier Jahre kontinuierlich, aber auf unterschiedlichem Niveau ansteigenden Artenzahlen. Dabei waren basenreiche Standorte artenreicher als basenarme, geräumte artenreicher als belassene sowie flachgründige artenreicher als tiefgründige. Auf den produktiveren Dolomit- bzw. Buntsandstein-Standorten kam zu einer sehr starken Strauchschichtexpansion (Gehölze über 50 cm Wuchshöhe), auf den flachgründigen Gipskarst-Standorten dagegen vorerst nicht. Bei Unterteilung des Arteninventars in ökologisch-funktionale Artengruppen zeigte sich bei qualitativer Betrachtung überall eine große Konstanz der entsprechenden Spektren im Untersuchungszeitraum, bezüglich der Dominanzverhältnisse kam es jedoch standortsabhängig zu teilweise massiven Verschiebungen zugunsten von Pioniervegetation. Die basenreich-flachgründigen Standorte waren durch meist krautige Schlagflur- und Ruderalarten und eine mittelstarke Naturverjüngung (Esche, Berg- und Spitz-Ahorn, Buche) dominiert, die basenreich-tiefgründigen Standorte durch hohe Anteile der alten Waldbodenflora sowie eine sehr starke Naturverjüngung (Esche, Buche) und die basenärmeren Standorte durch ausgedehnte Pionierstrauchfluren (Himbeere, Holunder, Brombeere) bei relativ schwacher Naturverjüngung (v.a. Buche). Pionierbaumarten kamen kaum vor. Insgesamt ließ sich ein Überdauern Laubwald-typischer Arten beobachten (im Zechstein ausgeprägter als im Buntsandstein), was sich in den konstanten oder zunehmenden absoluten Deckungssummen entsprechender Artengruppen zeigte. Offenbar werden sich relativ günstige Standorte mit guter Wasser-, Basen- und Nährstoffversorgung und tiefgründigen Böden (hier: Hordelymo-Fagetum) sehr schnell in Richtung Klimaxgesellschaft entwickeln, während Standorte mit geringerer Basenversorgung (hier: Galio odorati-, Luzulo-Fagetum) dafür etwas länger brauchen werden. Die flachgründigen Gipskarst-Standorte (hier: Carici-Fagetum) nehmen diesbezüglich vermutlich eine Mittelstellung ein. Während auf tiefgründigen Dolomit-Standorten die Waldregeneration weitestgehend unabhängig von der Störungsflächengröße verläuft, wurde auf Buntsandstein mit zunehmender Störungsflächengröße (d.h. abnehmender Überschirmung) Pioniervegetation immer dominanter, sanken die Sämlingszahlen der Laubbaumarten beträchtlich und verlor die Buche Anteile an der Naturverjüngung, ohne jedoch ihre Dominanz einzubüßen. In kleineren Windwurflücken auf Buntsandstein scheint die Waldregeneration hin zur standortstypischen Buchen-Waldgesellschaft unmittelbar gewährleistet, im Flächenwurf wird sie konkurrenzbedingt verzögert.
Unterschiede zwischen geräumten und belassenen Flächen ließen sich durch unterschiedlich starke Präferenzen einzelner Arten in einer der beiden Nutzungsvarianten feststellen. Im Buntsandstein gehören hierzu generell Stör- und Verlichtungszeiger (sowohl im belassenen als auch im geräumten Windwurf), im Zechstein betraf dies auf belassenen Flächen v.a. Laubwaldarten, auf geräumten eine Mischung aus verschiedenen Gruppen. Obwohl sich das Arteninventar aufgeklappter Wurzelteller und das ihrer Umgebungsfläche in allen Fällen erstaunlich ähnlich war, fungierten die Wurzelteller besonders auf den produktiveren und Strauchschicht-reichen Dolomit- bzw. Buntsandstein-Standorten als bevorzugter Ausbreitungsort für Pioniersträucher, aber auch für licht- und und stickstoffzeigende Hemikryptophyten sowie für Arten ohne vegetatives Ausbreitungsvermögen. Typische Laubwaldarten, Geophyten und Baumjungwuchs waren dort nur relativ schwach verbreitet. Dagegen verlief auf den flachgründigen, Strauchschicht-armen Gips/Dolomit-Standorten die Vegetationsentwicklung auf Wurzeltellern und ihrer Umgebungsfläche auch quantitativ recht ähnlich und äusserst dynamisch. Standortsunabhängig veränderten sich die anfangs überwiegend vegetationsarmen Wurzelteller floristisch stärker als ihre Umgebungsfläche. Die daraus resultierende Angleichung erfolgt auf flachgründigen Standorten schneller als auf tiefgründig-produktiven. Ebenfalls standortsunabhängig war jeweils ein Drittel des Gesamtarteninventars der Untersuchungsflächen nicht auf Wurzeltellern zu finden. Die im Harzvorland beobachteten Windwurf-Sukzessionsmuster können als zwischenzeitliche und unterschiedlich stark ausgeprägte Überlagerung der alten Waldbodenflora, weniger als zeitliche Abfolge floristisch streng unterscheidbarer Artenkombinationen aufgefasst werden. Dieser Prozess ist hauptsächlich vom Standort, mit zunehmender standörtlicher Ungunst auch von der Störungsflächengröße abhängig und schließt eine teilweise massive Verschiebung in den Dominanzverhältnissen der Arten mit ein. Von einer generellen Ablösung des standortstypischen Buchen-Waldes ist aber weder im Harzvorland noch in vergleichbaren Windwurfgebieten auszugehen.