Numerische Simulation des hydraulischen Systems Baum-Boden bei der Traubeneiche (Quercus petraea (Matt.) Liebl.) : Abschlußbericht zum Forschungsprojekt Projektzeitraum: 1.4. 1999 ş 31. 8. 2002. Georg-August-Universität Göttingen ° Institut für Forstliche Biometrie und Informatik
Das vorgegebene Arbeitsthema dieses Projektes war die numerische Simulation des hydraulischen Systems Baum-Boden bei der Traubeneiche (Quercus petraea (Matt.) Liebl.). Dazu wurde ein bereits vorhandenes Wasserflußmodell (HYDRA) auf numerischer Basis, das ursprünglich für Koniferen entwickelt worden war, an Laubbäume angepaßt und mit Hilfe empirischer Daten bezüglich der Traubeneiche neu parametrisiert. HYDRA wurde schließlich um ein neu programmiertes Blattleitfähigkeits- und ein bereits bestehendes Bodenwasserfluß-Modell (silVlow) funktionell erweitert. Die empirischen Daten wurden auf einer Probefläche in der südlichen Lüneburger Heide erhoben. Dazu gehörten mehrtägige Messungen des Xylemsaftflusses im Stammfuß und einzelnen Ästen von etwa 8-10-jährigen Traubeneichen. Zeitparallel dazu wurden Mikroklimamessungen (Globalstrahlung, Luft-Temperatur, relative Luftfeuchte) in der Nähe der Probefläche durchgeführt. In mehreren Meßkampagnen wurden Blattleitfähigkeiten, Transpirationsraten, Blatt-Wasserpotentiale, vertikale Kronengradienten der Strahlung, Zeitkonstanten und Feinwurzel-ängendichten erfaßt. Mit Hilfe von umfangreichen Porometerdaten (Blatt-Leitfähigkeit, Transpirationsrate, PPFD, Blatt-Temperatur, Wasserdampf-Partialdruckdifferenz zwischen Blatt und Luft, Dw) wurde ein multiplikatives Leitfähigkeits-Modell nach der Hüllkurvenmethode (boundary line analyses) erstellt und in die HYDRA-Programmstruktur integriert. Zur labormäßigen Bestimmung der axialen hydraulischen Leitfähigkeiten wurden zu unterschiedlichen Jahreszeiten Segmentproben der oberirdischen Verzweigungsstruktur (Stamm, Ast, Zweig, Blattstiel) entnommen. Die oberirdischen Teile (Sprosse) mehrerer Jungeichen wurden vollständig kartiert und deren zugeordnete Blattflächen bestimmt. Die Daten dienten zur computergestützten Generierung hydraulischer Baumkarten mit Hilfe von GROGRA, aus denen HYDRA u.a. die Verzweigungsstruktur und die morphologischen Informationen zur Berechnung der axialen hydraulischen Leitfähigkeiten entnimmt. Weitere Daten, die von uns nicht eigenständig erhoben werden konnten, wurden der Literatur entnommen. Dazu gehören Verwundbarkeitskurven (cavitation functions) und die hydraulischen Kapazitäten im Sproß- und Blattxylem. Das Bodenwasserfluß-Modell silVlow, das an HYDRA angekoppelt wurde, simuliert die Wasserbewegung im Boden, indem es sowohl Niederschlagsereignisse (source) als auch den Wasserentzug durch die Baumwurzeln (sink) erkennt. Wichtige Eingangsparameter für silVlow sind das Volumen des durchwurzelten Bodens, die Niederschlagshöhe, die hydraulischen Bodeneigenschaften (pFKurve), der momentane Bodenwasserstatus (Wassergehaltskurve) und die Längendichte der Feinwurzeln im Boden. Unter Berücksichtigung dieser und anderer Start- und Randbedingungen errechnet silVlow einen Wasserpotentialwert, der "virtuell" den Wurzeln zugeschrieben wird. Dieser Wert wird schließlich dem untersten Stammfußknoten zugeordnet und damit formell an HYDRA übergeben. HYDRA berechnet aus den übergebenen Informationen einen Potentialgradienten zwischen Wurzel und Stammfuß, der gemeinsam mit den Sproßgradienten des Wasserpotentials den Wasserfluß in Richtung Krone antreibt.
HYDRA ist damit in der Lage, aufgrund fundierter physio-physikalischer Basisannahmen Strukturinformationen, hydraulische Leifähigkeit, pF-Kurve, Wasserpotentialgleichung, Darcy-Gesetz, "Richards"-Gleichung, Massenerhaltung) den Wasserfluß im Xylem von jungen Traubeneichen mit hinreichender Genauigkeit zu simulieren. Die bisher bekannten Probleme, die bei der Simulation mit HYDRA auftreten, sind weniger auf eine fehlerhafte Programmstruktur, sondern vielmehr auf eine unzureichende und lückenhafte Parametrisierung der angekoppelten Teilmodelle zurückzuführen. Insbesondere bei der Parametrisierung des silVlow-Teilmodells, das den unterirdischen Teil des hydraulischen Systems Baum repräsentiert, besteht noch ein erheblicher weiterer Datenbedarf. Weiterhin ist anzuregen, das multiplikative Blattleitfähigkeits-Modell durch ein Modell zu ersetzen, das ausreichend sensibel auf Änderungen der Photonenflußdichte zu reagieren vermag.