Ökonomische Bedeutung und Management von Naturrisiken im Wald : theoretische Grundlagen und empirische Analysen nach dem Sturm Lothar in der Schweiz : Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften
In den 1990er Jahren haben schwere Stürme in West- und Mitteleuropa deren hohes Schadpotential verdeutlicht. In dieser Arbeit wurden die ökonomischen Auswirkungen von Sturmschäden, die Sturmbewältigung und das Risikomanagement mit einem Fokus auf Versicherungslösungen in fünf Studien am Beispiel des Sturmes Lothar (1999) in der Schweiz untersucht. In der ersten Studie wurden die ökonomischen Effekte dieses Sturmes im Schweizer Wald analysiert. Eine Methodik zur Quantifizierung der Einkommens- und Vermögenswirkungen im Forstsektor wurde entwickelt und angewandt. Diese basiert auf einem Differenzwertansatz (vorher - nachher) und auf einem ressourcenökonomischen Modell. Mit Szenario- und Sensitivitätsanalysen wurde untersucht, wie verschiedene Strategien zur Sturmbewältigung und unterschiedliche Annahmen bezüglich weiterer Einflussgrößen (z.B. Folgeschäden, Preise) die Einkommens- und Vermögenswirkungen verändern. Die Einkommensverluste betragen 13 bis 284 Mio. SFr., wobei letzterer Wert für das plausibelste Szenario errechnet wurde. Die berechneten Vermögenswirkungen variieren von einem Verlust von 1037 Mio. SFr. bis zu einer theoretischen positiven Vermögenswirkung von 18 Mio. SFr. Der Vermögensverlust für das plausibelste Szenario beträgt 225 Mio. SFr. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen wurden qualitativ bewertet und stellten sich als relativ gering heraus. In der zweiten Studie wurde die Verteilung der ökonomischen Auswirkungen des Sturmes auf die Schweizer Waldeigentümer untersucht. Dabei wurde zwischen privaten und öffentlichen sowie zwischen direkt und nicht direkt betroffenen Waldeigentümern unterschieden. Eine Zufallsstichprobe dieser Gruppen wurde schriftlich befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die privaten Waldeigentümer seltener Sturmschäden zu verzeichnen haben, als die öffentlichen. Wenn sie jedoch betroffen sind, dann meist besonders schwer. Aus verschiedenen Gründen wird gefolgert, dass die finanziellen Auswirkungen für die öffentlichen Waldeigentümer schwerwiegender sind als für die privaten. Auch für nicht direkt betroffene Waldeigentümer existieren aufgrund der tiefen Holzpreise merkliche wirtschaftliche Auswirkungen. Das Vorgehen der Waldeigentümer bei der Sturmbewältigung hat einen erheblichen Einfluss auf die ökonomischen Auswirkungen des Sturmes. Für die Festlegung staatlicher Bewältigungsstrategien ist es daher wichtig, die Einflussgrössen auf das Verhalten der Waldeigentümer zu kennen. In der dritten Untersuchung wurde deshalb die Entscheidungssituation theoretisch analysiert, in der sich die Waldeigentümer nach einem Sturm befinden, und eine explorative mikroökonometrische Analyse der tatsächlichen Einflussgrössen auf den Anteil aufgearbeiteten Sturmholzes durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass die direkten Auswirkungen des Sturmes und die Eigentümer-/Manager-abhängigen Faktoren die grösste Bedeutung hatten. Die staatliche Anordnung der Sturmholznutzung hatte nur bei bäuerlichen Waldeigentümern einen signifikanten Effekt. Einige Ergebnisse weisen darauf hin, dass der hohe Anteil aufgearbeiteten Sturmholzes vor allem auf die subjektiven Vorstellungen eines ordnungsgemäßen Vorgehens zurückzuführen ist. Die vierte Studie zeigt die Möglichkeiten eines systematischen Umganges mit dem Sturmrisiko auf und betrachtet speziell die Möglichkeiten einer Versicherungslösung. Zunächst wird der Risikomanagement-Prozess vorgestellt und bzgl. der Besonderheiten der mitteleuropäischen Forstwirtschaft diskutiert. Anschliessend werden die wichtigsten Methoden der Risikoanalyse im Forstbereich vorgestellt. Nach einer Diskussion der nachfrage- und angebotsbedingten Gründe für die seltene Versicherung von Wald in Mitteleuropa wird ein Versicherungsmodell für Waldflächen vorgestellt und an einem Zahlenbeispiel demonstriert.
In der fünften Untersuchung wurde auf der Basis versicherungs- und verhaltensökonomischer Theorien die potenzielle Nachfrage nach einer Versicherung von Sturmschäden untersucht. Dazu wurden Waldeigentümer schriftlich befragt und Experteninterviews durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Versicherung zurzeit nur eine geringe Nachfrage hätte. Als wesentliche Gründe dafür wurden die bisherige Entschädigungspraxis und die geringe wirtschaftliche Bedeutung des Waldes für die meisten Waldeigentümer identifiziert. Unter veränderten rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen könnte eine Versicherungslösung jedoch einen Beitrag zur Bewältigung von Schadereignissen leisten. Die vorliegende Arbeit leistet einen Beitrag zur Bewertung von Sturmschäden und zum Verständnis des Waldeigentümer-Verhaltens im Umgang mit Sturmrisiken und bei der Sturmschadensbewältigung. Dies kann zur Entwicklung effektiver und effizienter staatlicher Bewältigungsstrategien für zukünftige Ereignisse beitragen.
421.1--094.3 (Stürme. Versicherung) 64 (Forstliche Betriebswirtschaft, Allgemeines [Betriebswirtschaftliche Fragen besonderer Fälle, z.B. Weihnachtsbäume, Pflanzenerziehung und Samengewinnung, Jagd usw. Kreuzverweise zu den einschlägigen Titeln der Klassifikation]) [494] (Schweiz)