Kunststoffseile revolutionieren die Forstarbeit - hat das Stahlseil ausgedient? : Diplomarbeit, Fachhochschule Weihenstephan, Fakultät Wald und Forstwirtschaft
Das Grundmaterial, aus dem diese modernen Rückeseile bestehen, ist Dyneema. Dabei handelt es sich um eine hochmolekulare Polyethylenfaser, die seit 1989 vom Chemiekonzern DSM in den Niederlanden und in den USA produziert wird. Dyneema wird in der Werbung als „the world strongest fiber“ (=die stärkste Faser der Welt) bezeichnet. Auf ihr Gewicht bezogen ist Dyneema ca. 15 mal zugfester als Stahl. Eine im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Befragung von Forstunternehmen, Waldbesitzern und Forstbetrieben aus Österreich und Deutschland ergab, dass 84 % der Befragten schon einmal etwas über Kunststoffseile für die Bodenrückung gehört haben. Der größte Vorteil des Kunststoffseiles liegt an der Reduktion des Gewichts, wodurch Belastungen für den Menschen beim Seilausziehen (Kunststoffseile haben nur 1/10 des Gewichtes von vergleichbaren hochfesten Stahlseilen) auch über längere Distanzen erheblich reduziert werden. Durch das Ausziehen des schweren Stahlseiles kommt es zum schnellen Ermüden des Waldarbeiters, was vor allem für die Bergabrückung (Seilauszug bergauf) gilt und in weiterer Folge zum Stolpern und Stürzen des Arbeiters führen kann. Bei der Verwendung von Faserseilen, wird die körperliche Beanspruchung des Waldarbeiters beim Seilauszug auf ein Minimum reduziert. Dadurch ermüden die Personen, die mit dem Seil arbeiten weniger schnell, wodurch die Verletzungsgefahr sinkt. Im Vergleich zur ebenen Wegstrecke ist die körperliche Beanspruchung beim Seilauszug bergauf signifikant höher. Der körperliche Einsatz, den der Arbeiter aufbringen muss, um das Seil von der Seilwinde über eine Distanz von 50 Meter auszuziehen, ist bei der Verwendung eines Stahlseiles um 115 % höher als beim Einsatz eines Kunststoffseiles. Dies ist auf das geringe Eigengewicht des Kunststoffseiles zurückzuführen. Durch die deutlich geringere körperliche Beanspruchung bei der Verwendung eines Kunststoffseiles beim Seilauszug bergauf, benötigen die Probanden weniger Ruhepausen. Dies führt in der Folge zu einer höheren Effizienz in der Rückeleistung. So kann mit Hilfe des Kunststoffseiles eine höhere Produktivität erzielt werden, als dies mit einem Stahlseile möglich wäre. Aufgrund des geringen Eigengewichtes von Kunststoffseilen ist das Gefährdungspotential bei einem Seilriss bei weitem nicht mehr so hoch wie es bei einem Stahlseil der Fall war. Es ist weiters erwiesen, dass der rasche Abbau der kinetischen Energie bei Seilriss eines Kunststoffseiles schwere Unfälle vermeiden hilft. Die Eigenschaften der Kunststoffseile bei der Bodenrückung sind beeindruckend und bringen eine enorme Arbeitserleichterung mit sich. Hinsichtlich der Handhabung stellen Kunststoffseile eine echte Alternative zu Stahlseilen dar. Aufgrund der verletzungsfreien Handhabung (keine Drahtaufbrüche) ist dieses neu entwickelte Rückeseil ein echter Vorteil für jeden, der damit arbeitet. Auch entwickelt dieses Seil, im Gegensatz zum Stahlseil, beim Ausziehen keine Eigendynamik auf der Trommel, was zu einem verbesserten Ausziehverhalten führt. Die Auswertung der Meinungsumfrage ergab, dass 78 % der befragten Kunststoffseilanwender mit dem Kunststoffseil „sehr zufrieden“ bzw. „zufrieden“ sind. Der große Nachteil von Kunststoffseilen ist der hohe Verschleiß und der Preis. Die weit kürzere Nutzungsdauer des Seiles, rechtfertigt nicht den hohen Preis des Faserseiles. Es ist gegen Abrieb, scharfe Kanten,… sehr empfindlich. Bei der Rückung im steinigen Gelände, wie sie in der Forstwirtschaft alltäglich sind, ist das gewohnte Stahlseil unausweichlich und wird durch ein Kunststoffseil nicht so schnell zu ersetzen sein. Wo immer es möglich ist, sollte in Gebieten mit Blocküberlagerungen, anstehendem Gestein oder an scharfkantigen Hindernissen, das Kunststoffseil nicht zur Anwendung kommen. Das ist jedoch nur möglich, wenn das Kunststoffseil in Kombination mit einem Stahlseil auf einer Doppeltrommelwinde zum Einsatz kommt. Sofern das Faserseil nicht im steinigen Gelände zur Anwendung kommt, stellt es eine echte Alternative zum Stahlseil dar.