Einfluss von Aufforstungen mit standortsfremden Nadelbaumarten auf die Pilzflora im Laubwaldgürtel in der Südschweiz (TI, S.Antonino, Copera) : Dissertation, ETH Zürich
Von Juli 1995 bis Dezember 1998 wurden während der Vegetationsperiode die Makromyceten in 17 permanenten Untersuchungsflächen von je 216 m2 mykosoziologisch analysiert. Alle Flächen wurden auf 500 bis 800 m Höhe in der Aufforstung Copera eingerichtet (Kanton Tessin, Südschweiz). Vier Versuchsflächen wurden zu Vergleichszwecken im autochthonen Laubwald (Castanea sativa und Fagus silvatica, je zwei Versuchsflächen) und 13 in den eingeführten Nadelwäldern eingerichtet: Pseudotsuga taxifolia und Picea excelsa Ge drei Versuchsflächen), Pinus silvestris, Pinus strobus und Larix decidua Ge zwei Versuchsflächen), Pinus nigra (eine Versuchsfläche). Die Makromyceten in den 17 Versuchsflächen wurden qualitativ und quantitativ erfasst. Ausserdem wurden folgende Daten erhoben: Vegetation, edaphische Parameter (Humusformen, physikalische und chemische Bodeneigenschaften) und klimatische Parameter (Niederschlag, Maximum- und Minimum-Temperaturen) sowie die Morphologie der mykorrhizierten Wurzeln. Aus Fruchtkörpern von Ektomykorrhizapilzen wurden Reinkulturen hergestellt und damit steril aufgezogene Keimlinge inokuliert. Die in vitro gebildeten Ektomykorrhizen wurden untersucht und mit den natürlich vorkommenden verglichen. Die Fruchtkörper-Fundstellen der Ektomykorrhizapilze, die Standorte der Bäume sowie ihre auf die Versuchsfläche projizierten Kronenflächen wurden kartiert. Das Hauptziel des Projektes war es, festzustellen, welchen Einfluss die Einführung standortsfremder Nadelbaumarten auf die Diversität der Pilzflora, auf die Ektomykorrhiza-Verhältnisse an den Wurzeln und auf die Humusbildung hat. Sind festgestellte Veränderungen in der Struktur und Diversität der Pilz flora durch die Wirtspezifität erklärbar oder sind sie Folge veränderter Standortsbedingungen oder sind sie auf die Einführung fremder Pilzarten mit den eingeführten Bäumen zurückzuführen? Verhalten sich in Aufforstungen hypogäische Pilzarten wie epigäische? Während der 3 Untersuchungsjahre wurden 119 Sammelexkursionen durchgeführt. Im ganzen wurden 342 Arten erfasst, welche mit insgesamt 13'131 Fruchtkörpern registriert wurden. Davon waren 319 (93 %) Basidiomyceten, 17 (5 %) Ascomyceten, 5 (1 %) Myxomyceten und 1 Art der Zygomyceten. Insgesamt wurden 114 Ektomykorrhizapilze, 17 Lignicole-, 40 Terricole-Saprobe und 10 Parasiten festgestellt. Die pflanzensoziologischen Untersuchungen der 17 Versuchsflächen ergaben insgesamt 78 Phanerogamen und 8 Pteridophyten. Die Auswertung der aufgenommenen Daten hat folgende Resultate und
Schlussfolgerungen gebracht: Die verschiedenen, in Copera untersuchten Waldtypen können mit Pilzen besser differenziert werden als mit Pflanzen. Die Diversität der Makromyzeten ist im autochthonen Laubwald grösser als in den Versuchsflächen mit exotischen Nadelbäumen. Vor allem bezüglich Ektomykorrhiza-Pilze sind die Kastanienwälder artenreicher, d.h. 63 Ektomykorrhiza-Arten im Kastanienwald vs. 16 bis 38 unter den Nadelbäumen. Das Verhältnis Ektomykorrhiza vs. Saprobe beträgt 1 im Kastanienwald und 0.3 für Douglasie. Die hochgerechneten Werte für den Laubwald vs. Nadelwald sind .7 vs. 0.4. Sowohl die Ektomykorrhiza-Pilze als auch die übrigen Pilzarten sind im Nadelwald jahreszeitlich früher als im Laubwald erschienen. Die saisonalen Aspekte der Pilzfruktifikation sind sonst in beiden Waldtypen ähnlich. Im Douglasienwald wurden im Vergleich zum Kastanienwald mehr hypogäische Arten nachgewiesen (12 vs. 7). An den Feinwurzeln der Kastanie wurden 18Morphotypen festgestellt. Im Vergleich dazu 7 bei Buche, 4 bei Fichte, 6 bei Weymouthsföhre und 10 bei Douglasie. Der Besatz an Ektomykorrhiza ist im autochthonen Laubwald immer höher. Die Analyse hat gezeigt, dass viele Wurzelspitzen der exotischen Nadelbäume, v.a. aber bei der Douglasie, nicht mykorrhiziert und/oder das Myzel der Ektomykorrhiza kollabiert war. Rohhumusartiger Moder ist der in den Versuchsflächen mit Nadelbäumen am häufigsten angetroffene Humustyp. Im Gegensatz dazu dominiert der Mullartige Moder im autochthonen Laubwald. Die beiden Waldtypen unterscheiden sich aber bezüglich pH und CIN Verhältnis nicht. Es lassen sich auch klimatisch (Niederschlag, T max. und T min.) keine statistisch relevanten Unterschiede zwischen Laub- und Nadelwaldtypen feststellen. Die Unterschiede der Pilzartenspektren sind somit nicht durch die veränderten Standortsbedingungen, sondern eher durch die Wirtsspezifität der Pilze und das Auftreten zusätzlicher, standortsfremder Pilzarten erklärbar.