Wald und Hochgebirge als Idealtypen von Wildnis : Eine kulturhistorische und phänomenologische Untersuchung vor dem Hintergrund der Wildnisdebatte in Naturschutz und Landschaftsplanung : Diplomarbeit Technische Universität München
Die Arbeit hat zwei Ausgangspunkte: zum einen die seit einigen Jahren intensive Debatte um Wildnis als Leitbild im Naturschutz und zum anderen den Boom von Wildnis in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens, z. B. in Werbung, Tourismus, Sport- und Ausrüstungsindustrie. Im Naturschutz wird zwar teilweise von Wildnis als einer Kulturaufgabe gesprochen, doch wird Wildnis zumeist mit dem Zulassen natürlicher Dynamik im Sinne des ökologisch- naturwissenschaftlich thematisierten Prozessschutzes identifiziert. Im Kapitel 1.1 wird dieser Ansatz kritisiert, denn es wird übersehen, dass Wildnis ein kultureller Begriff ist, d. h. ein Begriff, der nicht wie Molekül oder Population naturwissenschaftlich definiert werden kann, sondern der sich über seine Bedeutungen erschließt, die kulturell bedingt sind. Es wird außerdem dargestellt, welche kulturellen Werte, die jedoch nicht genannt werden, hinter diesem naturalistischen Ansatz stehen. Dieser Ansatz ist nicht progressiv, obwohl vorgegeben wird, im Gegensatz zum konservierenden Naturschutz fortschrittlich zu sein, sondern in Wirklichkeit geht es um Wildnis im Sinne einer Entfaltung der regionaltypischen, heimatlichen Eigenart und Vielfalt also letztlich um Werte, die dem konservativen Weltbild zuzuordnen sind. Dass Wildnis etwas Kulturelles ist, wird zwar in dieser Debatte angedeutet, aber es wird, wie es in den Naturschützer-Diskussionen typisch ist, auf deren emotionalen, d. h. subjektiven Aspekt reduziert, wodurch ein angemessener, kulturwissenschaftlicher Zugang zu diesem kulturellen Problem verhindert wird. Es ist folglich notwendig, sich mit den kulturellen Bedeutungen von Wildnis auseinanderzusetzen, wenn diese als Leitbild verwendet werden soll.