Erdflechten und ihre Gesellschaften in Nordhessen mit besonderer Berücksichtigung der morphologischen und genetischen Variabilität bei Cladonia furcata (Hudson) Schrader : Dissertation, Georg-August-Universität zu Göttingen, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultäte
Es werden für Nordhessen 16 Erdflechtengesellschaften sowie 4 Dominanzbestände aus zwei Vegetationsklassen belegt. Die Gesellschaften der Klasse Toninio-Psoretea decipientis, zu denen auch die Bunte-Erdflechten-Gesellschaft (Toninio-Psoretum decipientis) zählt, gedeihen auf basenreichen Substraten. Die Erdflechtenvegetation kalkarmer bzw. kalkfreier Standorte gehört der Klasse Ceratodonto-Polytrichetea piliferi an, welche sich in 3 Federationen unterteilen läßt (Baeomycion rosei, Cladonion arbusculae und Cladonion rei). Die Physiognomie der Gesellschaften wird beschrieben, ebenso die Wuchsorte, die aktuellen Vorkommen und die Bestandssituation. Auf geeignete Schutzmaßnahmen wird jeweils hingewiesen. Die Vergesellschaftung von Cladonia furcata wird detailliert dargestellt. Die Unterart furcata zeigt ihren Verbreitungsschwerpunkt im Cladonion arbusculae. Eingehende Untersuchungen der morphologischen Merkmale von Cl. furcata und deren Abhängigkeiten von Standortfaktoren zeigen, daß die Apothecienbildung von den Lichtverhältnissen beeinflußt wird. Auch die meisten anderen Merkmale werden von den Bedingungen am Standort geprägt, wobei allgemein besonders den Licht- und Feuchtigkeitsverhältnissen, aber auch den mechanischen Störungen große Bedeutung zukommt. In unterschiedlichem Maße hat auch der Entwicklungszustand der Flechte einen Einfluß auf die äußere Gestalt. Die Ursachen für die unterschiedliche Ausprägung der einzelnen Merkmale werden aufgelistet und diskutiert. Die Sequenzierung der ITS rDNA der Bionten beider Unterarten von Cladonia furcata zeigt, daß bei den Mycobionten verschiedene ITS-Varianten auftreten, diese jedoch offensichtlich von der Subspezies unabhängig sind. Ein Zusammenhang zwischen Morphologie und ITS-Varianten ist ebenfalls nicht erkennbar. Dagegen zeigen Mycobionten-Sequenzen von Cl. gracilis, trotz hoher morphologischer Ähnlichkeit der untersuchten Proben beider Arten, deutliche Unterschiede zu Cl. furcata. ITS-Varianten treten auch bei den Photobionten auf, welche anhand der Sequenzen der Gattung Asterochloris zugeordnet werden. Beide Unterarten von Cl. furcata können Photobionten derselben ITS-Variante als Partner nutzen. Anhand der Ergebnisse der vegetationskundlichen und morphologischen Untersuchungen sowie der Dünnschichtchromatographie und der rDNA-Sequenzierung wird die systematische Unterteilung von Cladonia furcata sowie die Artberechtigung von Cl. subrangiformis eingehend diskutiert. Es wird vorgeschlagen, sowohl die morphologischen Erscheinungsformen von Cl. furcata ssp. furcata als auch die ssp. subrangiformis als modifikatorische Varianten bzw. phänologische Stadien zu bezeichnen.