Der aussergewöhnlich intensive Dauerregen vom 14. - 16. November 2002 im Tessin und Teilen Graubündens verursachte eine grosse Anzahl von flach- bis mittelgründigen Rutschungen, welche grosse Schäden anrichteten. In einem begrenzten, 316 ha grossen Gebiet in der Surselva (Graubünden, CM), wurde der Einfluss der landwirtschaftlichen Nutzung, der Geländemorphologie und der Hangneigung auf die Rutschaktivität untersucht. Es wurde festgestellt, dass mehr als die Hälfte der Rutschungen, welche im Untersuchungsgebiet auftraten, im Zusammenhang mit Entwässerungen von Erschliessungsanlagen entstanden sind. Sie zählen nicht zu den untersuchten Rutschungen. Für 35 Rutschungen wurden die wichtigsten Einflussgrössen auf die Rutschauslösung, wie Neigungen, Gelände- und landwirtschaftliche Nutzungsformen im Bereich der Rutschungen und ihrer Einzugsgebiete bestimmt. Mit den Bewirtschaftungsinformationen (parzellengenau) aus der eidgenössischen landwirtschaftlichen Strukturerhebung wurde eine Bodennutzungskarte für das Untersuchungsgebiet erstellt. Anhand einer Luftbildanalyse wurden für ein trichterförmiges Einzugsgebiet jeder Rutschung die genauen Flächenanteile der Bewirtschaftungsformen ermittelt. Ein deutlicher Einfluss auf die Rutschaktivität zeigte sich bei den Geländeformen und Hangneigungen: 25 von 35 Rutschungen (71 %) sind an Terrassenkanten angerissen (bei welchen es sich wahrscheinlich um Moränenkämme handelt) mit einer Neigung der Rutschfläche zwischen 27° und 53°. Mehr als die Hälfte tritt aber zwischen 36° und 41° auf. Es kann zwischen zwei Grundtypen bezüglich den Geländeverhältnissen unterschieden werden: kleiner Böschungsrutsch an einer Terrassenkante (26 Rutschungen, Neigung zwischen 35° und 53°, Volumen 12 m3 - 180 m3) und grosser Hangrutsch inmitten eines Hanges (4 Rutschungen, Neigung zwischen 27° und 36°, Volumen 400 m3 - 512 m3). Die Untersuchungen über den Einfluss der Bewirtschaftungsform auf die Rutschaktivität ergaben, dass die abgerutschten Flächen sehr extensiv genutzt wurden und die unmittelbaren Rutschungseinzugsgebiete meist intensiv. 19 von 25 (76 %) Rutschungen sind an einer Bewirtschaftungsgrenze angerissen. Die Rutschaktivität ist in Brachen mit 0,47 Rutschungen pro Hektare (N/ha) am höchsten und bei den Mähwiesen mit 0,02 N/ha am kleinsten. Die Weiden weisen eine Rutschaktivität von 0,25 N/ha auf. Die Rutschungseinzugsgebiete werden im Verhältnis zum ganzen Untersuchungsgebiet überproportional als Mähwiesen genutzt (Faktor 1,26: entspricht dem Verhältnis zwischen den Flächenanteilen vom Einzugs- zum Untersuchungsgebiet). Die Weiden weisen einen Faktor von 0,86 und die Brachen von 0,54 auf. Der nachgewiesene enge Zusammenhang zwischen der Bewirtschaftungsform und der Hangneigung erklärt teilweise diese Resultate für die Bewirtschaftung. Die positive Wirkung des Waldes auf die Hangstabilität konnte bestätigt werden: Obwohl er nur auf den steilsten Standorten stockt, haben sich keine Rutschungen im Einflussbereich des Waldes ereignet. Es wurde festgestellt, dass mit zunehmender Nutzungsintensität die Mächtigkeit des Hauptwurzelraumes und die mittlere Mächtigkeit der Rutschung abnimmt.