Zur Flugaktivität und Brutherdenentwicklung des Buchdruckers Ips typographus (L.) : Dissertation, Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie
In den Lebensgemeinschaften der natürlichen Fichtenwaldregionen haben sich die Fichte (Picea abies Karst.) und der Buchdrucker (Ips typographus (L.)) im Laufe einer langen gemeinsamen Entwicklung stark aneinander angepasst. Ihr Wirt-Parasit-Verhältnis weist ein enges Beziehungsgefüge auf. Dem Buchdrucker wird dabei auch einen Regulationsfunktion zugeschrieben. In den von langsamen Umsetzungsprozessen geprägten Fichtenwaldregionen der Hochlagen sorgt der Käfer für eine starke Strukturierung der Bestände, indem vorrangig alte, geschwächte Bäume besiedelt werden. So wird einer Überalterung dieser Wälder vorgebeugt und Sukzessionsprozesse setzen rechtzeitig ein. Der Fichtenwald kann sich den rauen Bedingungen seines natürlichen Verbreitungsgebiets ständig anpassen. Während zu Physiologie, Verhalten und Bekämpfungsmöglichkeiten des Buchdruckers bereits viele Aspekte geklärt wurden, liegen über seine ökologische Beziehung zur Fichte überwiegend Vermutungen vor. Die Auswirkungen seiner Aktivitäten in natürlichen Fichtenwäldern wurden bisher nur wenig untersucht. Diese Arbeit analysiert die durch Ips typographus während einer Gradation verursachten Veränderungen von Bestandesstrukturen. Dazu wurden von 1996 bis 2000 in den Hochlagen des Nationalparks Harz Erhebungen zur Flugaktivität der Käfer und zur Besiedlung der Fichten durchgeführt. Das Untersuchungsgebiet am Südhang des Bruchberges lag im Höhenbereich von 800 bis 870 m ü.NN und hatte eine Größe von 17,26 ha. In diesem Gebiet wurden alle vorgefundenen 2.759 Fichtenstandpunkte vermessen. In unmittelbarer Nähe der Fläche zeichnete eine automatische Wetterstation alle wichtigen Wetterdaten stündlich mit. Allgemeine Flugaktivitäten wurden über neun pheromonbeköderte Schlitzfallen (Monitore) an durchschnittlich 32 Terminen je Jahr erfasst, bestandesinterne Flugaktivitäten über im Mittel 122 unbeköderte Kreuzfallen an durchschnittlich 26 Terminen je Jahr. Das eigens entwickelte "Aktivitätsmodell" führte, hauptsächlich orientiert am Witterungsverlauf, eine rechnerische Rückverteilung der Fallenfänge durch. Im entstehenden raumzeitlichen Muster der Aktivitäten spiegelte sich deren Dynamik wieder. Neben bekannten Abhängigkeiten der Flugaktivitäten von Lufttemperatur, Niederschlag und Windgeschwindigkeit zeigte sich bei der Entwicklung des Aktivitätsmodells eine unerwartet starke Bindung an die Globalstrahlung. Das Flugaufkommen war in allen Jahren hoch, aber deutlich voneinander verschieden. Die niedrigsten Aktivitäten wurden 1996 verzeichnet, die höchsten 1998. Alle Aktivitätsspitzen traten im jeweiligen Frühjahr an nur sehr wenigen Tagen auf. Korrelationen der Monitorfänge untereinander ergaben deutliche Hinweise auf Zusammenhänge zwischen dem Stadium der Gradation und dem Dispersionsverhalten der Buchdrucker. Besonders während des Übergangs von der Pro- zur Retrogradation scheint die Dispersionsneigung für weite Entfernungen wenig aufgeprägt. Im Untersuchungsgebiet lagen heterogene Ausgangsstrukturen der Fichten bei zufälliger Baumverteilung mit Tendenz zu regelmäßigen Mustern vor. Bereits vor Untersuchungsbeginn waren knapp 15% der Fichten aus vorherigen Besiedlungen abgestorben, rund 42% überlebten die Gradation. Der Anteil bereits abgestorbener und der verbliebener, lebender Fichten wiesen bei zufälliger Verteilung eine Tendenz zur Klumpung auf. Der sigmoide Zuwachs an besiedelten Fichten über die gesamte Gradationszeit entsprach dem anderer epidemischer Entwicklungen. Die Besiedlung der Fichten wurde möglichst zeitnah registriert und in "Besiedlungsphasen" eingeteilt. Über eine weiterentwickelte Nächste-Nachbarn-Methode wurden innerhalb dieser Phasen Gruppen besiedelter Fichten abgegrenzt, sog. "Brutherdphasen". Mit Hilfe des "Gruppenbildungsalgorithmus" konnte die Gesamtbesiedlung in 108 Brutherdphasen unterteilt werden. Die plausibelste Gruppenbildung ergab sich bei einem Suchradius von 30 m. Hier liegt vermutlich ein Zusammenhang zum Lockbereich der Brutherdphasen vor. Zur Ermittlung der räumlichen Verlagerungen der Brutherdphasen wurde eine "Schwerpunktmethode" entwickelt. Darauf konnten die Brutherdphasen zeitlich und räumlich in sechs "Brutherde" zusammengefasst werden. Der Begriff Brutherd wurde hier in einem umfassenderen Kontext als in der Praxis üblich verwendet. Die im Gradationszeitraum beobachtete schubweise Entwicklung der Brutherde unterlag unterschiedlichen Mustern, die eine Charakterisierung aller Brutherdphasen und Vergleiche verschiedener Brutherde miteinander ermöglichten. Auf diese Weise konnten Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Dynamik herausgestellt werden. Die Brutherdentwicklung wurde damit einer Kausalanalyse zugänglich. Die Befallsausbreitung erfolgte völlig unabhängig von der jeweiligen Hauptwindrichtung. Jede Brutherdphase verlagerte sich in Richtung und Entfernung stets eigenständig. Eine starke Abhängigkeit der Besiedlungsdichte von den Ausgangsstrukturen bestand nicht. Jedoch blieben Bereiche besonders hoher Baumdichten unbesiedelt. Außerdem wurden stark vernässte Bereiche oder blocküberlagerte Bodenstrukturen eher gemieden.
453 (Insekten [Für die weitere Unterteilung siehe Familien unter 14 oder alternativ (beschrieben nach Regelfall 1d in der Einleitung) können die Nummern alphabethisch nach Familien und Arten unterteilt werden (Appendix C)]) 145.7x19.92 (Scolytidae) 174.7 (Coniferae [Siehe Anhang D]) [430] (Deutschland, 1990-)