Die Waldweide im Wipptal : Bestandesaufnahme, Konflikte, Lösungsbeispiele : Diplomarbeit, Universität für Bodenkultur, Institut für Wirtschaft, Politik und Recht
Die Waldweide ist so alt wie die Viehaltung selbst. Stellte sie in der Vergangenheit eine existenzsichernde Grundlage für die bäuerliche Bevölkerung dar, so ist sie heute differenzierter zu betrachten. Bedingt durch die Bevölkerungsentwicklung und der damit einhergehenden Ausdehnung des Lebens- und Siedlungsraums kommt dem Wald eine höhere Bedeutung zu, als dies zum Zeitpunkt der Entstehung der Weiderechte der Fall war. Der Wald hat nun eine Vielzahl von Funktionen zu erfüllen, allen voran die Schutzfunktion. Spannungsfelder zwischen Waldbesitzern und Weideberechtigten gab es seit jeher. In den 60er und 70er Jahren wurde aber der Waldweideproblematik wenig Beachtung gezollt, da sich mit Beginn der Intensivierung der Landwirtschaft die Almwirtschaft (und damit auch die Waldweide) als unwirtschaftlich erwies. In diese Zeit fallen aber auch die ersten Förderungsansätze (Alpkostenzuschuss) die seit EU-Beitritt noch ausgeweitet wurden. (Sie stellen ein oft diskutiertes Thema dar, da sie zumindest indirekt auch die Waldweide forcieren, und diese wiederum teilweise geförderte forstliche Maßnahmen, wie beispielsweise Aufforstungen, in ihrer Entwicklung hemmen.) In Folge kann man gegenwärtig von einer Stabilisierung der Almwirtschaft (zumindest für die Region Wipptal) sprechen. Zugleich wird bzw. bleibt die Waldweideproblematik aktuell. Neben einigen positiven Auswirkungen (Biodiversität, Habitatstruktur für Raufußhühner, Landschaftsbild) überwiegen besonders im Schutzwald negative Aspekte (Verbiss, Schlagschäden, Bodenverdichtung, Wurzelschäden, Rotfäule, Erosionsschäden). Wurden die Konflikte früher zwischen Belasteten und Berechtigten ausgetragen, dehnt sich dieses Spannungsfeld jetzt auch auf die Forstbehörde und die Wildbach- und Lawinenverbauung als Vertreter des öffentlichen Interesses aus. Beide entwickelten - um eine objektive Darstellung der Sachlage bemüht - in Zusammenarbeit das Landesschutzwaldkonzept. Dieses stellt sanierungsbedürftige Schutzwälder (Forstbehörde) mit örtlicher oder überörtlicher Schutzwirkung vor Naturgefahren (WLV) flächendeckend für ganz Österreich dar. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine ebenso objektive Bestandesaufnahme der aktuell beweideten Waldflächen in einem weidewirtschaftlich stark genutzten Beispielgebiet (Wipptal) zu erstellen. Diese wurde mittels digitaler Karte mit jener des ausgearbeiteten Landesschutzwaldkonzepts verschnitten, um einen Überblick über das Ausmaß von sensiblen, beweideten Waldbereichen zu erlangen. Es zeigte sich, dass solche Datengrundlagen sehr inhomogen, wenig aktuell und teilweise unvollständig vorliegen, und sich eine, den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Darstellung, sehr schwer herleiten lässt. Für die Beispielregion ist dies aber gelungen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Wälder dieser region beinahe zu 75% beweidet werden. Intensive Beweidung - definiert über das Vorhandensein zahlreicher Weideblößen und meist eingezäunter Jungwuchsflächen - ist auf 40% der Waldfläche feststellbar, wobei es sich bei zwei Drittel dieser Fläche um Schutzwald mit örtlicher oder überörtlicher Schutzwirkung von Naturgefahren handelt. Die Ergebnisse der Auswertung belegen auch die Sinnhaftigkeit der durchgeführten Waldweidetrennungen (66% der weidefreigestellten Waldflächen üben direkte Schutzwirkung auf Siedlungen und Verkehrswege aus). Im letzten Teil der Arbeit werden zwei der durchgeführten Waldweidetrennungen detailliert vorgestellt und diskutiert. Hierbei werden die unterschiedlichen Nutzungsinteressen (Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz, Freizeitnutzung, Tourismus, Jagd ... etc.) und die wirtschaftlichen Vorteile einer Trennung in Form von Lösungen, von denen alle Seiten profitieren, dokumentiert. Klar ersichtlich wird dabei, dass Waldweidetrennungen nicht immer echte Wald - Weide - Trennungen sein müssen, sondern dass durch die Schaffung von Reinweideflächen in Weidewäldern eine sehr effektive Lenkung in gleichzeitig verzahnter und gemischten Strukturen möglich ist. Der Wald wird hier - bei angemessener Beweidungsintensität der Gesamtfläche - ohne Zäune deutlich entlastet. Nur aus wirklich sensiblen Bereichen wird das Weidevieh völlig ausgesperrt. Die Arbeit möge auch für andere Regionen brauchbare Ansätze zur Lösung von Waldweidekonflikten liefern.