Die vorliegende Arbeit ist entstanden auf Grund eines zum Beschlusse erhobenen Antrages, welchen Kommerzialrat Dr. Möller-Brachwede in der Vorstands- und Ausschusssitzung des Vereins Deutscher Gerber am 23. April 1904 in Hamburg einbrachte und welcher folgenden Wortlaut hat: Der Ausschuss des Vereins Deutscher Gerber spricht sich entschieden gegen jeden Zoll auf Gerbstoffe aus, glaubt aber, dass es sich empfehle, sich bei der Agitation gegen Gerbstoffzölle nicht mehr auf Proteste und auf Darstellung des Bedürfnisses der Lederindustrie zu beschränken, sonden den Versuch zu machen, durch eingehende Untersuchung der Verhältnisse des deutschen Schälwaldbetriebes zu einer Lösung der wichtigen Frage beizutragen. Der Verfasser wurde mit der Ausführung dieser Untersuchung betraut. Um eine breite Grundlage für diese zu gewinnen, bereiste er diejenigen Länder und Landesteile, in denen der Schälwald sein Hauptverbreitungsgebiet hat. Bei den hierbei vorgenommenen Aufnahmen, sowie bei der Bearbeitung derselben zu dieser Denkschrift, stand ihm der vom Herrn Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten zu diesem Zwecke beigegebene königliche Forstassessor Overbeck zur Seite. Der Umfang und die räumliche Verteilung des deutschen Eichenschälwaldes sowie dessen Besitzformen ergeben sich aus Tab. 1, S. 129. Die Angaben sind entnommen der reichsstatistischen Erhebung von 1900. Die tatsächlichen Verhältnisse weichen von diesen Zahlen vielfach ab. In den Waldbeständen, welche statistisch als Schälwaldungen bezeichnet sind, sind in bisweilen großem Umfange solche mit enthalten, welche bisher zur Gewinnung von Lohrinde genutzt, in neuerer Zeit einer ganz oder fast ganz nur der Holznutzung gewidmeten Bewirtschaftungsweise zugeführt wurden, sei es durch einfaches Unterlassen des Rindenschälens unter Beibehaltung der Niederwaldform oder durch Überführung des Ausschlagwaldes in die Betriebsformen des Mittel- oder Hochwaldes oder endlich durch Umwandlung in den Hochwaldbetrieb. Aber es sind weiterhin auch Flächen einbezogen, auf denen die Nutzung der Eichenrinde nicht die Hauptnutzung bildet sondern nur eine Nebennutzung neben anderen wichtigeren Nutzungsarten wie Holz, Besenpfriem, Futtergras, Weide. Auch hier ist und wird je nach den örtlichen Verhältnissen auf die Rindennutzung teilweise oder ganz verzichtet. Endlich sind nachweislich hier und da Flächen offenbar nur infolge unrichter Auffassung der Bezeichnung Schälwald seitens der örtlichen Erhebungsorgane einbezogen worde, welche überhaupt nicht der Rindengewinnung gedient haben oder dienen. Die Reichsstatistik gibt daher kein richtiges Bild von der Ausdehnung und dem Umfange des Eichenschälwaldes. In Wirklichkeit ist die Fläche namhaft geringer. Sie verringert sich weiter von Jahr zu Jahr. Weil dies der Fall, ist es zur Zeit unmöglich, den Umfang des Schälwaldes genau zu ermitteln und anzugeben. Nach grober Schätzung komme ich zu der Annahme, dass etwa nur zwei Drittel der angegebenen Fläche noch wirklicher Schälwald sind (vgl. S. 331). Als Schälwald in diesem Sinne bezeichne ich einen ganz oder vorwiegend aus Eiche bestehenden Ausschlagwald, für dessen Bewirtschaftung die Erzeugung möglichst vieler und guter Lohrinde das Ziel bildet. Unter diesen Begriff fallen dann auch diejenigen Niederwälder, welche außer der Rinde als dem Hauptprodukt Nebenprodukte verschiedener Art zu liefern bestimmt sind, von denen die wesentlichen sind Holz und landwirtschaftliche Erzeugnisse. Will man sie weiter klassifizieren, so kann man unterscheiden zwischen reinem Schälwald und gemischtem Schälwald. Im reinen Schälwald richtet sich die Wirtschaft nur auf die Gewinnung von Lohrinde. Was an Holz oder anderen Produkten anfällt, bildet Nebenprodukt. Im gemischten Schälwald bildet die Erzeugung von Holz und anderen, insbesondere landwirtschaftlichen Produkten ein der Erzeugung von Lohrinde gleichwertiges oder sogar übergeordnetes Wirtschaftsziel.