Von trunkenen Opalinen und Pilzen, Hydren und Selaginellen, Taenien und Begonien, Nematoden und Mimosen, Regenwürmern und Pelargonien, Blutegeln und Petunien, Flussbarschen und Solaneen, Axoloth und Hyazinthen ist hier die Rede; nur zum Schlusse auch vom trunkenen Menschen. Früher war immer nur vom Menschen die Rede, und nicht von jenen anderen Wesen; aber man muss auch wissen, wie diese sich zu dem Alkohol, und sei es auch in grossen Verdünnungen, verhalten. Man muss sogar die Frage aufwerfen, ob es nicht am Platze sei, selbst Steine, Kristalle nach dieser Richtung hin zu untersuchen. Ist man im stande, die Mutterlauge von Kristallen durch eine Zusatz von Alkohol so zu vergiften, dass jede Kristallbildung unterbleibt oder das Wachstum bereits vorhandener Kristalle gehemmt wird? In der Tat scheint Alkoholzusatz von 10% zu gewissen Mutterlaugen das Wachstum und die Regeneration der zugehörigen Kristalle zu verlangsamen, wie ich am anderen Orte zu zeigen gesucht habe. Ertragen Pflanzen und Tiere den Alkohol sehr leicht, ist er für sie ein Förderer der Gesundheit und des Wachstums, hat er für sie als Aqua vitae und nicht als Aqua mortis zu gelten: dann wehe den Alkoholverweigerern! Sie laufen Gefahr, dass man sie der Übertreibung beschuldigt, indem sie die Folgen des Alkoholgenusses für den Menschen bis zum Schauerlichen vergrössern. Zeigt sich dagegen der Alkohol bei Pflanzen und Tieren als ein Stoff gefährlicher Art, als ein Gift, wie es für den Menschen behauptet zu werden pflegt: dann wehe den Alkoholverteidigern! Es wird ein Leichtes sein, sie zum Schweigen zu bringen, denn jder Hoffnungsstrahl ist ihnen genommen. Alle Ausflüchte der Alkoholliebhaber fallen dann in nichts zusammen. Sie sind gezwungen, klein beizugeben und werden sich alsbald in Alkoholverweigerer verwandeln. Fielen die Versuche in diesem letzteren oder in jenem ersteren Sinne aus, sie mussten unter allen Umständen teils wissenschaftlich, teils praktisch wertvoll sein. Grund genug, einen Anfang zu machen und mancherlei Mühen nicht zu scheuen. Dunstförmiger Alkohol bringt nach kurzer Einwirkung auf den Blättern der Impatiens Ausscheidungen hervor; die Pflanze schwitzt, oft so bedeutend, dass die Tropfen sich sammeln und über das Blatt herabrinnen oder an der berührenden Wand des Glasgefässes ablaufen. Es ist ausgeschiedener Blättersaft, farblos, wasserklar, ohne Zucker, ein wenig nach Alkohol schmeckend. Eine zweite, sich unmittelbar anschliessende Wirkung des Alkoholdunstes ist die stellenweise Verglasung der Blätter, d.h. die transparente Umwandlung von Teilen des opaken Blattes. Durch Einlegen eines opaken Blattes in verdünnten oder in starken Alkohol kann man den gleichen Erfolg erzielen. Hand in Hand mit diesen Vorgängen geht die zunehmende Erschlaffung der Blätter und Blattstiele. Nach einigen Tagen fallen die Blätter ab; das Abfallen der Blätter folgt also nach ihrer Erschlaffung. Übrig bleibt ein kahler Stamm mit kahlen Ästen und Zweigen. Doch ist die Pflanze nicht tot, sondern an den Spitzen der Zweige beginnnt, wenn die Pflanze in freier Luft gehalten und begossen wird, trotz 12-24 stündigen Verweilen in Alkoholdunst (Sättigung der Luft von bestimmter Temperatur), eine Neubildung von Blättern. Gefährlicher ist der Wurzelversuch. Die Topferde einer Impatiens S., welche einige Tage hindurch Wassermangel gelitten hat und sehr durstig geworden ist, wird mit wässrigem Alkohol von 5% reichlich begossen, nach einem oder zwei Tagen die Begiessung wiederholt. Das Ergebnis ist eine herbstliche Vergelbung der Blätter im Verlaufe weniger Tage. Ihr folgt, ebenfalls wie im Herbst, das rasche Abfallen aller Blätter. Die Pflanze erholt sich jedoch nicht wieder, sondern geht ein und vertrocknet. Mit verdünnter Salpetersäure, Schwefelsäure, Kochsalzlösungen viele Tage hindurch begossene Individuen von Impatiens zeigen schliesslich auch Ernährungsstörungen, doch ist das Gelbwerden sehr beschränkt und man kann die Frage aufwerfen, ob wohl die echte herbstliche Verfärbung der Blätter auf einer Alkoholentwicklung in den absterbenden Blättern beruht? Impatiens-Stecklinge, die in Wasser schöne Wurzelsprossen entwickelt haben, werden, wenn sie in wässrigem Alkohol von 5% eingesetzt worden, alsbald im Wachstume der Blätter und der Wurzelfäden aufgehalten. Es schliesst sich an diese Wachstumshemmung durch Alkohol eine Vergelbung und ein Abfall der Blätter allmährlich an. Die Wurzelfäden beginnen zu erweichen und der Steckling geht schrumpfend ein. In Wasser getriebene Stecklinge von Impatiens, in wässerigen Alkohol von 2% versetzt, werden in ihrem Wachstume zwar verkürzt, aber nicht ganz gehemmt. Einzelne Blätter vergelben, die Mehrzahl aber bleibt erhalten; die Wurzelfäden bewahren ihr gesundes Ansehen. Bis zu einem gewissen Grad scheint hiernach eine Anpassung an die neuen Verhältnisse stattfinden zu können, ohne Zweifel aber mit einer großen Einbuße an Wachstumsintensität.