Die Kultur der Pappel ist für die westeuropäischen Länder hinsichtlich einiger Industriezweige sowie auch hinsichtlich Alleen-, Wiesen- wie Parkbepflanzungen und dergl. von großer Bedeutung. Die Verwirrung in der Nomenklatur sowie die große Unkenntnis der botanischen Merkmale der verschiedenen Formen hat die Ausbreitung dieser Kultur höchst ungünstig beeinflusst. Diese Faktoren sind mit Ursache gewesen, dass noch stets Formen in den Handel gebracht werden, die wegen ihrer Anfälligkeit für Krankheiten als ungeeignet betrachtet werden müssen. Vorliegende botanische Studie soll die Grundlage für eine möglichst baldige internationale Kontrolle über die Herkunft der Pappelstecklinge sowie über die Echtheit der "Sorten" bilden. In W-Europa sind die ursprünglichen Pappelsorten durch verschiedene Bastarde, meist Kreuzungen zwischen europäischen und amerikanischen Sorten, ziemlich vollständig verdrängt. Die uns als Bäume bekannten, für die Kultur einigermaßen bedeutenden Formen gehören ziemlich gänzlich der Sektion Aigeiros an, nämlich: X P. serotina Hartig (P. nigra L. X P. monilifera Ait.); X P. marilandica Bosc. (P. nigra L. X P. serotina Hartig); X P. regenerata Henry (P. nigra L. X P. serotina Hartig); X P. gelrica (P. marilandica Bosc. X P. serotina Hartig); P. angulata Aiton (= P. deltoides Marshall var. missouriensis Henry); X P. serotina Hartig var. erecta (Selys) Henry; = P. regenerata Henry var. erecta; X P. robusta Schneider (P. angulata Ait. X P. nigra L. var. plantierensis Schneider); Wahrscheinlich auch noch: P. Eugenei Sim. Louis (P. regenerata Henry X P. nigra L. var. italica du Roi); X P. generosa Henry (P. angulata Ait. X P. tricocarpa Torrey and Gray). Die noch ziemlich viel vorkommende x P. brabantica (P. marilandica Bosc. X P. serotina Hartig) wird sehr stark von Krebs befallen und muss daher möglichst bald verschwinden. In Anbetracht der großen, durch den falschen Gebrauch der Namen "canadensis" und "balsamifera" verursachten nomenklatorischen Verwirrung innerhalb dieser Gattung müssen beide genannte Namen als "nomina ambigua" international beseitigt werden. Die Balsampappel muss dann lauten : P. tacamahaca Miller anstatt P. balsamifera L. oder du Roi. Die Kreuzungen P. nigra L. X P. monilifera Ait., nicht X P. canadensis Mönch forma serotina, regenerata usw., sondern in Übereinstimmung mit Art. 31 der Internationalen Nomenklaturregeln X P. serotina, X P. regenerata usw. Hinsichtlich der Tatsache, dass P. monilifera Aiton, P. angulata Ait. und P. Sargentii Dode sehr nahe miteinander verwandt sind und in ihrem Herkunftsland durch Zwischenformen verbunden sind, würde ihre weitere Bezeichnung folgendermaßen zweckmäßiger sein: für P. monilifera Aiton: P. deltoides Marshall var. monilifera Henry; für P. angulata Aiton: P. deltoides Marshall var. missouriensis Henry; für P. Sargentii Dode: P. deltoides Marshall var. occidentalis Rydberg. Diese Änderung ist in Anbetracht der bestehenden europäischen Mutation von P. deltoides missouriensis, die dann den Namen P. angulata Aiton behalten kann, um so erwünschter; sowie auch durch die von Sargent, Rehder und Schneider verursachte Verwirrung, wegen ihrer irrtümlichen Einführung der Namen P. balsamifera L. für P. angulata Ait. und P. monilifera Aiton. Linnaeus (1753) hat nämlich bei seiner Beschreibung der P. balsamifera keine Aigeiros, sondern eine Tacamahaca-Pappel zur Hand gehabt; sein ursprüngliches Material ist als Beweis im Linnaean Society, Burlington House, London, vorhanden. Der in dieser Hinsicht bereits im Jahre 1768 vom Miller gemachte Fehler wurde von Aiton im Jahre 1789 richtig gestellt, jedoch später von Sargent, Rehder und Schneider wiederum aufs neue eingeführt und hat dadurch in unserer gegenwärtigen Literatur dieser Gattung große Verwirrung verursacht. Aus diesem Grunde ist ebenfalls eine Beseitigung des Namens P. balsamifera erwünscht. Die unter vielen verschiedenen Nahmen, vor allem aus Frankreich eingeführten Raverdeau-, Eucalyptus-, Sarce-Pappeln, peupliers, regeneres usw., sind möglicherweise durch vegetative Selektion entstanden. Vermutlich hat jedoch hierbei auch eine Bastardierung zwischen P. regenerata Henry oder möglicherweise auch P. marilandica Bosc. einerseits und P. serotina Hartig andererseits eine Rolle gespielt. Hinsichtlich ihrer großen Übereinstimmung mit den Elternbäumen und der Tatsache, dass sie untereinander ziemlich identisch anzusehen sind, sind alle männlichen Selektionen hier unter dem ältesten Namen P. serotina Hartig var. erecta (Selys) Henry zusammengefasst und die weiblichen analog unter P. regenerata Henry var. erecta. Sollte es später erforderlich sein, so kann eine beliebige Teilung in forma Raverdeau, forma Sarce usw. vorgenommen werden. Die Arbeiten von Stout und Schreiner (Amerika) hinsichtlich ihrer Versuche, neue Bastarde mit rascherem, geraderem Wuchs und größerer Widerstandskraft gegen Krankheiten zu finden, verdienen unsere vollste Beachtung. Das Gleiche gilt für die Versuche von v. Wettstein (Deutschland), der neue Kreuzungen mit geringeren Bodenansprüchen zu erhalten sucht. Die ersteren stützen ihre Versuche auf die Kombination Aigeiros-Tacamahaca, v. Wettstein hingegen auf die Bastardierung Aigeiros-Leuce. Die Zeiten der Blattentfaltung, Blüte und Blattabfalls sind bei der Bestimmung wertvolle Merkmale. Da fast unsere sämtlichen Gebrauchspappeln Kreuzungsindividuen sind, die weiter ausschließlich vegetativ fortgepflanzt werden und also je Kreuzung in der Regel lediglich einen oder jedenfalls wenige Klonen besitzen, trifft man hier eine viel größere Homogenität und Konstanz an, als bei Sorten und Formen mit generativer Vermehrung und Kreuzbestäuber der Fall sein kann. Für den Gebrauch der Blattform bei der Bestimmung ist darauf zu achten, dass vollkommen gleichwertige Blätter miteinander verglichen werden. Am meisten sind wegen ihrer großen Unterschiedlichkeit die normalen Blätter der mittleren und oberen Teile der Langtriebe geeignet.