Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung einer praktikablen Methode zur Simulation der Evapotranspiration, die wechselseitige Beziehungen im Kontinuum Boden-Pflanze-Atmosphäre berücksichtigt und damit eine möglichst realistische, physikalisch fundierte Betrachtungsweise des Verdunstungsvorgangs verfolgt. In diesem Sinne werden in einer einführenden Übersicht bestehende Verdunstungsansätze diskutiert und Möglichkeiten zur notwendigen Regionalisierung erörtert. Es zeigt sich, daß unter den genannten Vorgaben eine Trennung der Evapotranspiration in ihre Teilprozesse anzustreben ist. Die vorliegende Arbeit greift dieses Konzept auf und modelliert Transpiration (inklusive Boden-Evaporation) und Interzeptions-Verdunstung zunächst unabhängig voneinander. Die Modellierung der Transpiration basiert dabei auf der Penman-Monteith-Beziehung, der ein Teilmodell zur Simulation von Bestandeswiderständen beigefügt wird. Die Bestandeswiderstände sollen dabei pflanzenphysiologische Mechanismen zur Steuerung der Transpiration reflektieren, die hier als Funktion der Bodenfeuchte, der Bestandesentwicklung (Blattflächenindex) und der Lufttemperatur nachgebildet werden. Die Modellierung der Interzeption und Interzeptions-Verdunstung beruht auf einem neuen Ansatz, der die ungleichmäßige Verteilung des im Pflanzenbestand zurückgehaltenen Niederschlagswassers berücksichtigt. Dazu wird der Bestand in mehrere Speicher- bzw. Verdunstungsebenen unterteilt, von denen das Wasser in Form einzelner Tropfen und in Abhängigkeit der für die jeweilige Schicht berechneten Steuergrößen verdunstet. In einem zweiten Schritt werden die beiden Teilprozesse unter Berücksichtigung des Benetzungszustandes der Vegetation miteinander verknüpft. Das beschriebene Verfahren zur Modellierung der Evapotranspiration kann für dichtbewachsene Flächen eingesetzt werden, wo die Anwendung des Penman-Monteith-Ansatzes aufgrund dessen theoretischer Grundlagen gerechtfertigt ist. Die Untersuchungen basieren auf intensiven Feldmessungen, die klimatische, pflanzenphysiologische und bodenhydrologische Erhebungen über Wiesenbeständen beinhalten und hier ausführlich beschrieben werden. Die Ergebnisse mit kontinuierlichen, in Stundenintervallen über jeweils mehrere Monate durchgeführten Simulationen zeigen sehr gute Übereinstimmungen mit lysimetrisch erfaßten Verdunstungsdaten. So bestehen mittlere Abweichungen im Bereich unter 5 %. Werden Tageswerte der Verdunstung berechnet, können etwa 95 % (trockener Bestand) bzw. ca. 90 % (trockener und benetzter Bestand) der Meßwerte-Varianz durch das Modell beschrieben werden. In einer abschließenden Darstellung wird das Gesamtmodell auf verschiedene, von Wiesen bewachsene Standorte des Untersuchungsgebietes angewandt. Dabei zeigt sich, daß aufgrund unterschiedlicher Nutzungsweisen und kleinklimatischer Gegebenheiten sowie verschiedener bodenhydrologischer Bedingungen räumliche Differenzen zwischen mehrmonatigen Verdunstungssummen im Bereich von bis zu 20 % auftreten können. Eine rückblickende Betrachtung mit Vorschlägen zur Verfeinerung und Weiterentwicklung des vorgestellten Verfahrens schließt die vorliegende Arbeit ab.