Standardsignatur
Titel
Moratorium der Gentechnik? : Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben der Errichtung gentechnikfreier Bewirtschaftunsgebiete
Verfasser
Erscheinungsjahr
2003
Material
Unselbständiges Werk
Datensatznummer
200097386
Abstract
Die diskutierte Absicht, das "Moratorium der Gentechnik" auf nationalstaatlicher Ebene weiter aufrecht zu erhalten bzw. in die Schaffung gentechnikfreier Bewirtschaftungsgebiete münden zu lassen, ist in ihrer Umsetzung in mehrfacher Hinsicht von europarechtlichen, verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Rahmenbedingungen abhängig. Dabei existiert vor allem auf europarechtlicher Ebene eine Fülle von Regelungen, die den nationalstaatlichen Spielraum weitgehend einengen und den Mitgliedstaat jedenfalls teilweise auf die Einhaltung europäischer Verfahren verweisen. Bei der Beurteilung, ob die in Rede stehenden Maßnahmen mit den rechtlichen Rahmenbedingungen kompatibel sind, kommt es besonders darauf an, dass klare Argumentationen angestellt werden können, in welchen (öffentlichen) Interessen sie gelegen sind. Regelungsinteressen, die stringent mit Umweltschutz oder Aufrechterhaltung der Biodiversität in Verbindung gebracht werden können, haben generell bessere Chancen zur Durchsetzung als bloß diffuse Interessen, die als Verschleierung protektionistischer Maßnahmen missverstanden werden können. Auf europäischer Ebene sieht jedenfalls die heute geltende Freisetzungsrichtlinie, 2001/18/EG, eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung eines zur Freisetzung oder zum Inverkehrbringen angemeldeten gentechnisch veränderten Organismus vor. Im Rahmen dieser Umweltverträglichkeitsprüfung, die auch alle bisher zugelassenen Organismen zu unterziehen sind, sind insbesondere auch alle Auswirkungen auf andere Pflazen sowie das gesamte Ökosystem sowie die Umstände der Verbreitung zu evaluieren. Im Rahmen eines Risikomanagements können auch Verwendungsbeschränkungen festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten sind dabei auf ein europaweites Verfahren verwiesen, in dessen Rahmen sie Einwendungen erheben könne, über die nicht nur zu entscheiden ist, sondern die im Klageweg gegen diese Entscheidung auch durchsetzbar sind. Bedenken, die nach Zulassung entstehen, können in ein kurzfristiges, selbständiges nationalstaatliches Verbot münden, über dessen Aufrechterhaltung ebenfalls in einem europäischen Verfahren zu entscheiden ist. Durch entsprechende Sachargumentation können daher die Mitgliedstaaten bereits im Zulassungsverfahren entweder die Zulassung von GVO überhaupt verhindern oder doch auf Verwendungsbeschränkungen dringen. Im konkreten Fall könnte Österreich daher jene Argumente, die das landesweite, mit Verordnung nach § 60 GenTG verfügte Verbot des Inverkehrbringens bestimmter gentechnisch veränderter Maissorten tragen, in den anstehenden Verfahren zur Erneuerung der Zulassung vorbringen.